1916: Als Unterentfelden die «Verschmelzung» suchte
Vor 110 Jahren wollte Unterentfelden mit Aarau fusionieren – aus finanzieller Not. Der Zusammenschluss kam nicht zustande, doch die Argumente von damals tönen überraschend vertraut. Heute, mehr als ein Jahrhundert später, prüfen die Gemeinden erneut eine Fusion auf Anfang 2028.

Am 12. Januar 1916 berichtete das «Zofinger Tagblatt» über die Unterentfelder Gemeindeversammlung, die zu dieser Zeit jeweils an einem Sonntag (!) stattfand. Da Unterentfelden mitten im Ersten Weltkrieg in gravierenden finanziellen Schwierigkeiten steckte, setzte es grosse Hoffnungen auf eine Fusion mit Aarau – damals als «Verschmelzungsprojekt» bezeichnet. Trotz Zurückhaltung der grossrätlichen Kommission beschloss die Gemeinde, am Vorhaben festzuhalten. Die Gemeinde hoffte auf den Grossen Rat, der bei ähnlichen Fällen oft fusionsfreundlich entschied und ärmeren Gemeinden finanziell unter die Arme griff.
Gründe des Scheiterns
Zum Zusammenschluss kam es bekanntlich nicht. Klare Gründe sind nicht öffentlich dokumentiert, doch Hinweise liefert die Unterentfelder Dorfchronik. Dort schreibt der Chronist rückblickend: «Der Erste Weltkrieg brachte die Entwicklung der Gemeinde abrupt zum Stehen, und die Finanznot bewegte die Unterentfelder, ihr Heil in einem Anschluss an Aarau zu suchen. Die Stadt erwies sich allerdings als unfähig, ihre Chance zu erkennen.»
Dieser Satz lässt durchblicken: Während Unterentfelden in der Fusion eine Überlebenshilfe sah, erkannte Aarau offenbar keinen strategischen Vorteil.
Heute wieder aktuell
Mehr als 100 Jahre später prüfen Aarau und Unterentfelden erneut eine Fusion, diesmal mit einem formal geregelten Prozess und breiter Beteiligung. Seit 2023 arbeitet ein gemeinsames Projektteam an Grundlagen, begleitet von Resonanzgruppen und Facharbeitsgruppen. Die Bevölkerung soll 2026 an der Urne das letzte Wort haben.
Bessere Chancen?
War der Zusammenschluss 1916 ein möglicher Rettungsanker für Unterentfelden, steht heute die strategische Entwicklung des Grossraums Aarau im Vordergrund. Eine Fusion würde eine Gemeinde von über 25'000 Einwohnerinnen und Einwohnern schaffen und regionale Strukturen stärken.
Damals scheiterte der Versuch an politischen Differenzen und fehlender gegenseitiger Bereitschaft. Wie die Bevölkerung heute entscheidet, bleibt offen.RAN/RRW