Wenn das Faxgerät die letzte Rettung ist
Ein Serverausfall bei der Webhosting-Firma Webland, die 75’000 Schweizer Domains verwaltet, blockierte seit 19. November viele Schweizer Unternehmen. Für diese ein «Supergau» und eine Quelle des täglichen Mehraufwandes. In Uerkheim ist die Metzgerei Klauser betroffen.

«Die Störung begann am 19. November. Seit Montag, 24. November kommen bei uns keine E-Mails mehr rein, und die abgehenden werden nicht versandt. Auch unsere Homepage war nicht mehr erreichbar. Diese ist inzwischen wieder online, doch das Problem mit den E-Mails ist riesig. Man weiss nie, was man wieder verpasst hat. Besonders problematisch: Wer uns eine E-Mail geschickt hat, wurde nur vereinzelt darüber informiert, dass sie nicht angekommen ist. Anfragen sind ins Leere gelaufen, Rechnungen nicht mehr angekommen. Wir mussten allen nachtelefonieren und Alternativen suchen. Einzelne Kunden nutzen für die Bestellungen noch das Faxgerät. Das war noch das Beste, denn die Faxverbindung funktionierte immer einwandfrei», sagt Lukas Klauser gegenüber dem Landanzeiger.
Supergau in wichtigster Zeit
Da Webland schweizweit 75’000 Domains verwaltet, ist die Betroffenheit gross. «Inside Paradeplatz» schrieb dazu: «Die Webland-Kunden laufen Amok. Der Vorfall wirft ein schlechtes Licht auf die hochgelobte Schweizer Informatik-Kompetenz. Wenn ein grösserer Web-Hoster so lange ausfällt, dann gute Nacht.» Kunden sprechen von «Supergau» für ihre wichtigste Umsatzzeit: «Black Friday, Cybermonday und Novemberlohn. Das schenkt kräftig ein. Und das holen wir nie mehr rein.» Viele fürchten, dass Ihre Kompetenz oder ihr Interesse an Aufträgen angezweifelt wird.
Teilweise für immer verloren
Wie ist nun die neuste Entwicklung? Lukas Klauser sagt: «Die E-Mails kommen seit Donnerstag 4. Dezember 16 Uhr wieder rein, viele sind jedoch wohl für immer verloren. Es sieht nicht so aus, dass sie nachträglich noch ankommen. Ich hoffe jetzt einfach, es sind keine Mails für Weihnachtsbestellungen betroffen. Ich habe mit meiner Rechtsschutzversicherung abgeklärt, wie die rechtliche Lage ist. In den AGB haben sie alle Folgeschäden für Ausfälle ausgeschlossen. Dass so eine Panne in der Schweiz bei einem Schweizer Anbieter möglich ist, ist unglaublich.» Die AGB des Unternehmens sind klar: «Webland übernimmt keine Haftung für direkte oder indirekte Schäden aufgrund technischer Probleme, Serverausfall, Datenverlust, Übertragungsfehler, Datenunsicherheit oder sonstiger Gründe und haftet in keinem Fall für entgangenen Gewinn und Folgeschäden.»
Redundante Systeme nötig
Die Webhosting-Firma Webland mit Sitz in Münchenstein (BL) wurde vor vier Jahren von der schwedischen Firma Miss Group übernommen. Das Unternehmen gibt keine Auskunft, leitet Anfragen an den schwedischen Mutterkonzern weiter. Tatsächlich müssten Systeme redundant, also bewusst doppelspurig, ausgelegt sein, sodass Ausfälle in maximal einer Stunde komplett behoben sind. Jimmie Eriksson, COO der Miss Group, sagt: «Ein genereller Haftungsausschluss ist in den AGB verankert, wie bei den meisten Hosting-Anbietern üblich. Wir werden eine Untersuchung durchführen, um herauszufinden, was genau passiert ist und warum. Die Ergebnisse werden den Kunden nach Abschluss der Untersuchung vorgelegt. Wir werden daraus lernen und alles Notwendige tun, damit so etwas nicht wieder vorkommt.»
Haftungsausschluss rechtens?
Inzwischen sind bei Webland Schadenersatzforderungen eingegangen, wie Eriksson bestätigt. Geprüft würden diese laut Eriksson erst nach der vollständigen Wiederherstellung der Dienste. Macht es sich die Firma mit dem Haftungsausschluss zu einfach? Martin Steiger, Anwalt und Experte für Recht im digitalen Raum, hält die AGB für «äusserst problematisch», wie er auf Anfrage des SRF-Magazins Espresso vom vergangenen Donnerstag sagt: «Ich halte es für fragwürdig, wenn ein Hosting-Provider für seine Kernleistung, nämlich das Hosting, keinerlei Verantwortung übernimmt.» Dennoch dürfte es schwierig werden, Schadenersatzforderungen durchzusetzen, wenn Webland nicht von sich aus Schadenersatz anbietet. «Betroffene Unternehmen müssen dann vor Gericht gehen – das ist sehr aufwändig und zeitintensiv», so Steiger. Die wenigsten dürften sich das leisten können. Was kann man aus dem Vorfall lernen? Es lohnt sich, bei Partnerschaften auf Qualität zu setzen, auch wenn dies oft etwas teurer ist, und Datensicherung allerhöchste Priorität beizumessen.
Karl Heinz Odermatt