Mit Kindern ist es wie mit Hunden. Hat man eines, trifft man scheinbar nur noch Menschen, die auch welche haben. So kam es, dass ich kürzlich auf dem Spielplatz im Aarauer Rathausgarten auf einen alten Bekannten stiess. Wir haben uns bestimmt 15 Jahre nicht mehr gesprochen. Nun aber sind wir Teil desselben Clubs. Denn wir sind Eltern. Und dies verbindet uns.

Wir gehen also am Spielplatz-Rand aufeinander zu. Ich bin bereit für den typischen Mama- und Papa-Smalltalk. Wie alt ist deines, wie isst es, wie schläft es …

«Dich hab ich ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen!», sagt er zum Start. Was er anscheinend aber nicht weiss, gesprochen haben wir uns zwar eine lange Zeit nicht, gesehen aber schon. Zumindest ich ihn. Wir wohnen nämlich im selben Quartier, wie ich durch meine Spaziergänge mit dem Hund weiss. Denn sein Garten liegt direkt an unserer abendlichen Gassi-Runde. Das hätte ich ihm gerne einfach so sagen wollen. Stattdessen aber sage ich: «Ich habe dich gestern Nacht gesehen!» Er schaut mich ganz verdutzt an.

Das wäre nun der Moment gewesen, um die ganze Sache aufzuklären. Stattdessen sag ich aber einfach nur: «Ich weiss, wo du wohnst!»

Ja, man könnte meinen, Kommunikation müsste schon meines Berufes wegen mein Steckenpferd sein. Schreiben zwar schon, Sprechen wohl eher nicht. Denn nicht selten sind meine Gedanken einfach so schnell, dass mein Mund gar nicht die Chance hat zu folgen.

Ich an seiner Stelle hätte auf jeden Fall meine Kleine gepackt und wäre sofort auf und davon. Hauptsache, weg von dieser Verrückten vom Spielplatz, die ihn nachts beobachtet. Er aber blieb stehen und lächelte nur. Vielleicht schob er mein Verhalten auf schlaflose Nächte, zu viel Koffein oder Stilldemenz.

Seit diesem Tag haben wir uns immer mal wieder auf dem Spielplatz gesehen. Dann winkt er mir aus der Distanz freundlich zu. Ich winke zurück. So kann ich immerhin nichts Unheimliches mehr sagen. Und ich glaube, in seinem Blick tatsächlich eine gewisse Vorsicht zu erkennen. Verständlicherweise. Sarah Moll