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Klassenzusammenkunft

Normalerweise mache ich einen grossen Bogen um sie. Klassenzusammenkünfte sind mir ein Gräuel. Weil ich keine Lust auf die fast schon obligaten «drei Plöfferfotos» habe, die einem wie Jasskarten auf den Tisch gelegt werden: «Mein Auto! Mein Haus! Meine Frau!». Glück und Erfolg von ehemaligen Schulkollegen, eins zwei drei um die Ohren gehauen. Schaut her, was aus mir geworden ist! Und Du so?


Jetzt aber machte ich eine Ausnahme und meldete mich an. Zu einer Klassenzusammenkunft, von der ich ahnte, dass dort die «drei Plöfferfotos» nicht gezeigt werden würden (was dann auch so war). So fuhr ich am letzten Samstag vorfreudig mit dem Zug nach Olten. Vor genau 40 Jahren besuchte ich dort mit 21 anderen meiner Klasse die Verkehrsschule.

Neun davon kamen. Der Apéro war beim Haupteingang der Kanti, wo die Verkehrsschule integriert war. Durchs Band alle sagten als erstes das gleiche, nämlich dass sie «seitdem» nie wieder hier waren. Das Wiedersehen war herzlich und respektvoll.

Die Verkehrsschule hatte man zu absolvieren, wenn man eine kaufmännische Ausbildung bei einem damaligen Staatsbetrieb (heute: «bundesnaher Betrieb») anstrebte. Nach den zwei Jahren — bei mir waren es wegen einer «Ehrenrunde» deren drei — konnte man dann bei der PTT, der SBB, der Swissair, beim Zoll oder bei Radio Schweiz eine Beamtenkarriere starten. Ich absolvierte diese Schule, weil ich davon träumte, an einem Postschalter zu arbeiten — Emil lässt grüssen. Am Ende der Schulzeit zog es mich dann jedoch nicht zur PTT, sondern zur SBB. Dort startete ich eine Lehre als SBB-Bahnbetriebsdisponent.

Beim Apéro tauchte die Frage auf, wer von uns eigentlich noch bei einem bundesnahen Betrieb arbeitet? Nur einer hat sich gemeldet. Er ist heute ein «hohes Tier» bei der Post.
Weil in unseren Lebensläufen «Verkehrsschule Olten» steht und kaum jemand diese Schule kennt, hat jede und jeder von uns folgenden Spruch schon anhören dürfen: «Was genau habt ihr dort gelernt?». Er habe seinen Lebenslauf leicht frisiert, weil er die oft schlüpfrigen Bemerkungen satt hatte, erklärt uns ein ehemaliger Klassenkamerad. Bei ihm steht dort jetzt einfach «Kanti Olten».

Damit sie keine falschen Schlüsse ziehen, möchte ich betonen: Dass es die Verkehrsschule heute nicht mehr gibt, daran ist unsere Klasse nicht schuld.

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