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Sprachen muss man können

Im Ausland wundert man sich immer wieder über die kleine Schweiz und ihre vier offiziellen Landessprachen. Dass die Kinder hier bereits in der 4. Klasse die «internationale Muttersprache» Englisch dazulernen, erstaunt deshalb die Wenigsten. Schaut man sich im Stellenanzeiger nach attraktiven Angeboten um, kommt man an der Mehrsprachigkeit nicht vorbei.

Am «Tag der Sprachen» veröffentlichte die Schweizerische Post die Zahl der verschiedenen Muttersprachen, die in ihrem Unternehmen gesprochen werden. Raten Sie mal, wie viele sind es? Ich jedenfalls rieb meine Augen. 76 verschiedene Muttersprachen sprechen die rund 47’000 Mitarbeitenden der Post. Da sind mehrere Sprachen dabei, die kenne ich gar nicht. Andere kann ich nicht mal lesen, geschweige denn schreiben.

76 verschiedene Sprachen in einem Betrieb. Da kommt mir aus dem Religionsunterricht die Geschichte um den Turmbau zu Babel in den Sinn. Sie erzählt von den Menschen, die einen Turm bis in den Himmel bauen wollten. Weil Gott das als übermässigen Hochmut ansah, entschied er, ihre Sprachen als Strafe so zu ändern, dass sie nicht mehr miteinander kommunizieren konnten. So kam das Bauvorhaben zum Stillstand.

Dieser Vielsprachigkeit entgegenwirken wollte viele Jahre später der polnische Augenarzt Ludwik Lejzer Zamenhof. Er veröffentlichte 1887 die neutrale Sprache «Esperanto», in der Hoffnung, dass möglichst viele Menschen auf der Welt diese Sprache lernen und es dadurch wieder mehr Frieden gebe. Esperanto besitzt zwar in keinem Land der Welt den Status einer Amtssprache, trotzdem lernen Menschen noch heute diese Sprache, wenn auch als Zweit- oder Drittsprache. Bei «X» – vormals Twitter – gehörte Esperanto in jedem Jahr von 2009 bis 2019 zu den Top-30-Sprachen.

Zurück zur Post. Auch hier gibt es eine Einheitssprache: Je nach Region ist es Deutsch, Französisch oder Italienisch. Jedenfalls während der Arbeitszeit. In den Pausen unterstützt das Unternehmen die Mitarbeitenden mit sogenannte Sprachtischen, an denen sich Interessierte während 60 Minuten zu verschiedenen Themen in einer Fremdsprache austauschen.

Wer verschiedene Sprachen kann, hat mehr vom Leben. Das fällt mir dann auf, wenn der Mann am Skiliftbügel im Wallis etwas in den Bart brummelt und ich nicht verstehe, ob er mir «einen schönen Tag» oder «mich zurück in die Üsserschwiz» wünscht.

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