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Die etwas anderen Vorsätze

Der Start ins neue Jahr ist immer auch eine gute Gelegenheit, sich gute Vorsätze und neue Ziele zu setzen. Mit einem Glas Mineralwasser in der Hand stosse ich aufs neue Jahr an und nehme mir vor: «Diesmal wird alles anders!» Meine Liste ist ambitioniert: gesünder essen, mehr Sport treiben und … Sie wissen ja, was ich meine.

Die ersten Tage im 2025 sind bereits vorbei und ich bin immer noch voll motiviert und im Plan. Der Instruktor im Fitnessstudio staunt, dass ich schon wieder komme, und motiviert mich zusätzlich. Nach dem Training gönne ich mir einen gesunden Drink. Ich setze mir weitere Termine, plane Projekte und bin überzeugt: «Diesmal klappts.» Grossen Respekt habe ich vor der ersten grossen Hürde Mitte Februar, wenn die Sportferien vorbei sind. Dann, wenn die Jogginghose plötzlich bequemer ist als die Sportklamotten und der Latte Macchiato mit extraviel Schaum mir näher steht als der Fitnessdrink.

Und das ist meist nur der Anfang, denn das Spiel hat sich bei mir schon zu oft wiederholt. In einem Horoskop lese ich über mein Sternzeichen Schütze: Dein Ziel für 2025? Die Ziele von 2024 zu erreichen, die du dir 2023 gesetzt hast, weil du dir 2022 vorgenommen hast, endlich das zu erledigen, was du 2021 geplant hast. Selbstverständlich sind das die Dinge, die du 2020 nicht geschafft hast, als du voller Enthusiasmus versucht hast, die Ziele von 2019 umzusetzen. Päng, das sitzt! Die Astrologin scheint mich gut zu kennen.

Vielleicht liegt der Fehler nicht bei mir, sondern in den Vorsätzen selbst. Sie sind oft so unrealistisch wie die Wettervorhersage für drei Monate im Voraus. Wer glaubt denn ernsthaft, dass jemand, der jahrelang sonntagmorgens den Wecker ignoriert hat, plötzlich um 6 Uhr aufsteht, um laufen zu gehen? Oder dass der Schokoladenliebhaber von einem Tag auf den anderen auf Selleriestangen umsteigt?

Perfekte Vorsätze machen uns nicht glücklich, sondern die kleinen Momente, die wir oft gar nicht planen können. Ein spontanes Treffen mit Freunden, ein dich anlachendes Ragusa im Firmen-Kühlschrank oder eine feine Bratwurst beim Spiel des Lieblingsvereins. Also lassen wir die Vorsätze Vorsätze sein und stossen auf uns an – die Könige und Königinnen der guten Absichten. Schliesslich ist das Leben viel zu kurz, um sich von unerreichten Zielen die Laune verderben zu lassen. Und wer weiss? Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr.

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