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Ein Leben als Minimalistin?

Haben Sie schon mal von Cédric Waldburger gehört? Er ist als Startup-Investor reich geworden. Vor allem aber haben Sie vielleicht schon einmal von ihm gehört, weil er ein Leben als Minimalist führt. Das heisst, er besitzt lediglich etwa 55 Gegenstände. Dazu zählt er Kleidung, Laptop, Kamera und Beauty-Artikel, nicht aber Bett, Tisch, Sofa oder Stühle.

Auch ich habe mich als Minimalistin ausprobiert. Nicht ganz freiwillig muss ich dazu sagen. Denn während ich gut an meiner Feriendestination angekommen bin, ist mein Gepäck nicht mit mir gelandet. «Kein Problem», sagte ich noch am Flughafen. Und auch die Fluggesellschaft hat mir versichert, dass sie mir meinen Koffer so schnell wie möglich bringen wird. «Morgen», hat sie vorausgesagt.

Tag 1 als Minimalistin: Ich trage genau das, was ich anhabe: Schuhe, Socken, ein T-Shirt, Leggins, in meinem Rucksack sind Brille, Sonnenbrille, Portemonnaie, Handy und Ladegerät. In einem kleinen Laden besorge ich mir noch Zahnbürste, Zahnpaste, Sonnencreme, Deo – all das, worauf ich keinen Tag verzichten möchte. Ich lebe mit 24 Gegenständen, und das funktioniert ohne Probleme – für einen Tag …

Tag 2 als Minimalistin: Die Hitze macht mir zu schaffen. Die Kleidung klebt auf meiner Haut. Ich dusche zwar zweimal, aber wirklich frisch fühle ich mich dennoch nicht. Auch meine Schuhe, zerschlissene Converse All Stars, waren zwar für den Flug bequem, für einen Städtetrip auf Pflastersteinen aber alles andere als ideal. Und wo bleibt mein Koffer? «Morgen», verspricht die Fluggesellschaft. Also gehts kurzerhand auf Shopping-Tour. Unterwäsche, Socken, kurze Hosen, zwei T-Shirts, eine Haarbürste. Ganz leicht steigt die Zahl meiner Gegenstände auf 36. Und dennoch sehne ich mich nach einem Haargummi, nach meinen Ohrringen, nach den Schuhen, die nun auch noch so gut zu meinem neuen T-Shirt passen würden.

Tag 3 als Minimalistin und mir reichts. Ich will mein Sommerkleid, mein Hemd, ich will mein eigenes Shampoo, mein Buch, mein Badetuch und Badekleid. Minimalismus soll befreien? Weniger ist mehr? So ein Quatsch. Ich fühle mich ganz und gar nicht frei. Und so ist der Jubel riesig, als am Abend endlich mein Koffer bei der Reception steht. Die Zahl meiner Gegenstände steigt schlagartig auf 221 und ich bin zudem um eine Erkenntnis ­reicher: Ein Leben als Minimalistin? Ohne mich!

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