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Katrin Burgherr: «Von der guten Fee wünsche ich mir Seeanschluss für Reitnau» 

Katrin Burgherr ist Frau Gemeindeammann von Reitnau. Im Gespräch mit dem «Landanzeiger» verrät sie wo in der Gemeinde der Schuh drückt, wo sie sich am besten erholen kann und was sie sich von einer guten Fee wünscht. Sie blickt aber auch in die Zukunft und sagt, dass sie mit dem Titel «Frau Gemeindeammann» gut leben kann.

Katrin Burgherr, stört Sie die Bezeichnung Frau Gemeindeammann eigentlich oder können Sie gut damit leben?

Katrin Burgherr: Diese Bezeichnung stört mich gar nicht – für mich ist an dieser Bezeichnung etwas Ehrenhaftes und sie hat sich so etabliert.

Sie haben ja auch noch «Herr» im Namen.

Katrin Burgherr: In meiner Ausbildung sagte einmal ein Kunde am Telefon – wohl auch etwas irritiert durch meinen Namen – «adie Frölein Burgfrölein». Mir gefällt der Name.

Wie entscheiden sie sich, wenn Sie zwischen Gemeindepräsidentin oder Frau Gemeindeammann entscheiden können?

Katrin Burgherr: Ich bin gerne Frau Gemeindeammann – wenn wir keine schwierigeren Fragen hätten, würde ich noch Jahrzehnte Frau Gemeindeammann bleiben.

Ihre Gemeinde hat per 1.1.2019 mit Attelwil fusioniert. Nach vier Jahren machen Sie nun eine Einwohnerbefragung. Was erhoffen Sie sich?

Katrin Burgherr: Diese Umfrage wird nächstens in den Briefkästen liegen. Wir erhoffen uns daraus, mehr über das Ergehen der Leute in unserer Gemeinde zu erfahren, um dementsprechend unsere Strategien und Pläne zu gestalten. Aber auch das alltägliche Leben, die einfachen Prozesse und ganz einfach das Befinden in unserer Gemeinde wollen wir erspüren.

Obwohl die beiden Gemeinden schon viel gemeinsam hatten, musste alles zuerst zusammenwachsen. Wie weit ist man da schon?

Katrin Burgherr: Dieser Prozess ist sehr subjektiv und wird unterschiedlich wahrgenommen. Entscheidend ist auch, wie fest man vorher schon verwurzelt war in einem der Dorfteile. Ich selber sehe uns auf einem guten Weg – ein Weg, der weitergeht und je nach Persönlichkeit unterschiedlich gestaltet wird. Ich nehme an den Anlässen, in persönlichen Gesprächen und im Allgemeinen einen wertvollen und festen Zusammenhalt wahr.

Was sind zurzeit die grossen Herausforderungen Ihrer Gemeinde?

Katrin Burgherr: Wir wollen den Finanzhaushalt im Lot halten und dennoch mit Blick in die Zukunft wichtige Investitionen nicht vergessen. Dementsprechend beschäftigen uns die Liegenschaften, regionale Themen, die ukrainischen Flüchtlinge, die grosse Baulandparzelle beim Gewerbehaus in Attelwil und die Frage, wie wir die Attraktivität von unserem Dorf weiter steigern können.

Sie hatten neulich ein Treffen mit dem Gesamtregierungsrat. Haben Sie ein spezielles Anliegen aus Reitnau an die Regierung herangetragen?

Katrin Burgherr: Ja, aber das Treffen fand unter Ausschluss der Medien statt.

Reitnau macht beim überregionalen Forstbetrieb nicht mit und geht einen eigenen Weg. Wie hat sich das bisher bewährt?

Katrin Burgherr: Die erste Bilanz ist sehr positiv und die Finanzen sind in Ordnung. Es haben sich freiwillige Helfer gefunden für Einsätze in der Waldpflege und ein Strassensanierungsprojekt wurde bewilligt. Der Wald ist wieder näher bei den Leuten.

Sie haben das Informationskonzept der Gemeinde überarbeitet. Das Bulletin kommt im Schnitt nur noch alle zwei Monate, früher kam es monatlich. Weshalb?

Katrin Burgherr: Die Versandkadenz hat sich von 1 ½ Monaten auf 2 verlängert, dafür mit mehr Informationen und verschiedenen Beilagen. Aktuelle Infos finden sich zusätzlich auf unserer Homepage.

Die Schüler aus Wiliberg gehen nun in Reitnau zur Schule. Wie haben sich die Kinder eingelebt und wie bewährt sich das?

Katrin Burgherr: Die Zusammenarbeit mit Wiliberg ist sehr gut und die zuständige Wiliberger Gemeinderätin ist regelmässig eingebunden und informiert. Die Schülerinnen und Schüler fühlen sich wohl und integriert. Die organisatorischen Punkte sind sicher immer wieder eine Herausforderung für Wiliberg, aber die gemeinsame Schule bewährt sich.

Wie geht es mit der Oberstufe weiter?

Katrin Burgherr: Der zunehmende Platzbedarf der Schulen zwingt die Schule Schöftland, eine umfassende Schulraumplanung zu erstellen. Der Aussenstandort in Reitnau ist deshalb mittelfristig weiterhin in Reitnau. Mit dem Gemeinderat Schöftland sind wir im laufenden Austausch diesbezüglich.

Das Gesetz lässt den Gemeinden im Bereich Finanzen immer weniger Spielraum. Wie soll das für Euch «Kleinen» weitergehen?

Katrin Burgherr: Wir setzen Hoffnung in die Anpassung des Finanzausgleichs. Mit dem neuen System des Finanzausgleichs werden wir kleinen Gemeinden etwas schlechter gestellt, als es vorher der Fall war. Mit einem Wirkungsbericht soll die Ungleichheit überprüft und im besten Fall zugunsten der kleinen Gemeinden angepasst werden. Um die vorgegebenen Beiträge begleichen zu können, wird der Gürtel dort enger geschnallt, wo es noch möglich ist.

Als die Fusion mit Attelwil geglückt war, sprachen vereinzelte Kreise davon, dass das erst der Anfang sein. Planen sie schon eine weiter Fusion?

Katrin Burgherr: Eine Studie mehrerer Gemeinden unserer Region hat ergeben, dass eine Fusion nur im grossen Rahmen Sinn machen würde. Dies ist wohl politisch nicht möglich. Der Fokus wird vermehrt auf die interkommunale Zusammenarbeit gelegt, um Ressourcen und Kosten zu senken und um die Organisationen professioneller und attraktiver zu gestalten.

Wie soll sich die Gemeinde Reitnau langfristig entwickeln?

Katrin Burgherr: Reitnau bewegt sich in einem erfreulichen und angemessenen Wachstum. Einige Neubauprojekte sind am Laufen, die Gemeinde selber beschäftigt sich ebenfalls mit einem Vorprojekt. Dieses Wachstum wollen wir behalten. In unserem Dorf gibt es noch bezahlbares Bauland und mit der zentralen Lage im Grünen sind wir durchaus attraktiv für Familien und Personen, die diese ländliche Gegend – oft auch aus Ausgleich zur beruflichen Umgebung – schätzen.

Die Region Suhrental sucht einen Platz für ein neues Alterszentrum. Wäre das «Dörfli» in Attelwil eine Alternative?

Katrin Burgherr: Das «Dörfli» ist in einer längeren Projektphase mit einem Gestaltungsplan belegt worden und die Umsetzung liegt in der Verantwortung des Eigentümers.

Wie gehen Sie mit Kritik um? Die Hemmschwelle ist in letzter Zeit ja in verschiedenen Bereichen merklich gesunken.

Katrin Burgherr: Konstruktive Kritik ist wichtig und hilfreich. Die Art und Weise wie Kritik ausgeübt wird ist entscheidend. Manchmal braucht es eine dicke Haut. Ich erlebe aber grosse Unterstützung im Dorf und das macht die Arbeit leichter.

Wurden sie auch schon bedroht?

Katrin Burgherr: Von einem Hund? (lacht) Nein!

Macht die Arbeit in der Regionalpolitik eigentlich nur Freude oder auch glücklich?

Katrin Burgherr: Die Facetten der Gemeindepolitik sind sehr vielschichtig. Es gibt glückliche Momente, Freude, Zufriedenheit, aber auch Sorgen, schlaflose Nächte und kreisende Gedanken. Wenn man den Anspruch hat, die Arbeit gut zu machen und emotional nicht kalt ist, kann man wohl nicht verhindern, dass die Empfindungspalette breit ist.

Was macht Sie in Ihrer Gemeinde besonders stolz?

Katrin Burgherr: Dass wir ein lebendiges Dorf haben mit vielen aktiven Vereinen und Gruppierungen, die die Gemeinschaft beleben und fördern. Man kennt und hilft einander, begegnet sich auf der Strasse und teilt das Leben miteinander. Viele Freiwillige investieren ihre Zeit für andere und für das Gemeindewohl – das ist überaus wertvoll.

Was muss ein Gast in Reitnau unbedingt gesehen haben, wenn er erstmals in die gemeinde kommt?

Katrin Burgherr: Der «Chesteneboum» mitten im Dorf ist Treff- und Mittelpunkt seit Generationen. Hätte dieser Baum Ohren, hätte er schon manche Liebesgeschichte, manchen Streit, viele Pläne und unzählige Geheimnisse gehört. Weiter gelangt man zu Fuss durch die blühenden Baumgärten und Kuhweiden auf die Seitenmoräne. Von den vielen Brätelstellen hat man eine prächtige Sicht von den Alpen bis zum Jura.

Wie und wo entspannen Sie sich am besten nach einem intensiven Familien-, Arbeits- oder Polittag?

Katrin Burgherr: Mit meinem Mann bei einem feinen Essen und einem Glas Wein oder spät am Abend mit meinen Kindern bei einem Kafi auf der «Chouscht».

Gibt es einen persönlichen Lieblingsort in Reitnau?

Katrin Burgherr: Das Bänkli im «Hogge». Dort beginne ich am Morgen früh meinen Tag; mit Blick aufs Dorf und in die Berge kann ich mich auf den Tag vorbereiten; es ist die Ruhe vor dem Sturm.

Welches ist Ihr liebstes Ferienziel oder welchen Ferienwunsch möchten Sie sich noch erfüllen?

Katrin Burgherr: Ich geniesse die Abwechslung. Aber noch mit den jüngeren Kindern nach Israel zu reisen ist ein Wunsch.

Welches Talent hätten Sie gerne?

Katrin Burgherr: Schlagfertiger zu sein hätte ich mir schon oft gewünscht. Auf Fragen eine besser formulierte Antwort zu geben oder in Diskussionen die passenden Ergänzungen und Inputs zu haben, trotzdem aber nicht vorschnell zu reagieren und die ganze Situation einschätzen zu können.

Was wünschen Sie sich für Ihre Gemeinde, wenn die «gute Fee» Ihnen einen Wunsch erfüllen würde?

Katrin Burgherr: Dass der Sempachersee bis zu uns kommen würde und wir eine Seepromenade hätten!

Persönlich

Katrin Burgherr
Alter: 47
Aufgewachsen in: Reitnau
Lebt in Reitnau seit: 1975
Zivilstand: verheiratet
Kinder: 6 Kinder zwischen 11 und 22 Jahren
Erlernter Beruf: kaufm. Angestellte, Finanzplanerin
Heutiger Beruf: kaufm. Angestellte, Familienfrau
Partei: SVP
Im Gemeinderat seit: 2015
Gemeindeammann seit: 2018
Das mag sie: Gute Gespräche, gemütliches Zusammensein, wandern, kochen, Familienzeiten, lauschige Sommerabende, Raclette
Das mag sie nicht: Konflikte, Ungehorsam, Sauerkraut, putzen, unerledigte Sachen