Sie sind hier: Home > Gedanken > Töffli-Träume rosten nicht

Töffli-Träume rosten nicht

Meine Tochter – bald 14 – will ein Töffli. Geschenkt, versteht sich. «Ein Velo reicht. Denk an deine Fitness und die Umwelt», gabs als Antwort von mir. Der Satz klingt verdächtig nach meinen Eltern, die mir damals, kurz vor Lehrbeginn, genau dasselbe ins Gewissen predigten.

Also kaufte ich mir einen «Halbrenner» mit fünf Gängen und radelte jeweils von der Telli in Aarau in den Lehrbetrieb nach Unterentfelden. Auf dem Weg in die Gewerbeschule nach Lenzburg hatte ich gefühlt immer Gegenwind – auf dem Heimweg auch. Also begann ich zu sparen.

Das erste Occasion-Töffli – ein schwarzes «Ciao» – war eher ein Bastelobjekt als ein Fortbewegungsmittel. Es verlor mehr Benzin, als es verbrauchte. Aber es war meins. Zwar gabs kaum eine längere Ausfahrt ohne Werkzeugeinsatz, schwarze Finger und nach Zweitakter-Benzin riechenden Kleidern, aber nun gehörte ich auch dazu. Ich fühlte mich unabhängig und frei.

Später kaufte ich mir ein neues «Ciao» mit einem Sitzbänkli statt unbequemem Sattel. Damit fuhr ich überall hin: ins Handballtraining nach Suhr, zur Arbeit in die «Stifti», zum Coupeessen an den Hallwilersee oder auch ins Tessin zum Campen. Wir, die Töffli-Clique, erlebten vieles – Platten flicken im Gewitter am Walensee, das Flickzeug natürlich ganz unten im Gepäck, kein Benzin mehr in der Schöllenenschlucht, Töffli-Abkühlpausen auf dem Gotthard. Selbst Polizeikontrollen wegen … sagen wir mal … «kleinen Tempooptimierungen» gehörten dazu.

Noch heute glänzen unsere Augen, wenn wir heutigen Oldies von damals erzählen oder, genauer gesagt, in den höchsten Tönen schwärmen. Die Zeiten auf dem Töffli machten uns jung, wild – und in unseren Köpfen unwiderstehlich.

Und jetzt steht meine Tochter da, mit dem gleichen Funkeln in den Augen und einem treuherzigen Augenaufschlag. Wenn ich ehrlich bin, gibt es keinen Grund, ihr diesen Traum zu verweigern. Nur eins muss klar sein: Kaufen und reparieren muss sie das Töffli selbst. Denn falls sie glaubt, ich würde ihr heimlich und aus Mitleid doch eins schenken – dann irrt sie sich gewaltig. Ich würde ihr höchstens mein altes Töffli ausleihen. Vorausgesetzt, ich komme endlich mal dazu, es zu reparieren.