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Projekt: Suhre soll auf einer Länge von 500 Metern renaturiert werden

Im Norden von Muhen sollen Restbestandteile des ehemaligen Kleinwasserkraftwerks entfernt und die Längsvernetzung der Suhre wiederhergestellt werden. Hinter der recht simplen Beschreibung in der heute im Landanzeiger publizierten Auflage des Kantons Aargau steckt ein komplexes Projekt, welches der Suhre wieder mehr Platz geben soll.

Vom Wasserkraftwerk Muhen, für das 1905 eine erste Konzession erteilt wurde, ist heute nicht mehr viel zu sehen. Eine durch Betonbauten kanalisierte Suhre zwingen das Gewässer in ein enges Korsett. Der Wildwuchs darum herum zeugt von der Ewigkeit, in der das Bauwerk zurückgelassen wurde. Nun will der Kanton Aargau die Restbestandteile entfernen und den Flusslauf revitalisieren. Dadurch wird die so genannte «Längsvernetzung» wiederhergestellt. «Fliessgewässer sind vergleichbar mit Wildkorridoren», sagt Projektleiterin Sabin Nater von der Abteilung Landschaft und Gewässer beim Kanton. «Sind sie verbaut, werden der Lebensraum und die Fortpflanzung von Fischen und anderen Wassertieren stark eingeschränkt».

Mit dem Rückbau ist es aber noch nicht getan. Die Projektauflage zum «Wasserrecht Nr. 52» sieht eine umfangreiche Revitalisierung des Gewässerraums auf einer Länge von rund 500 Metern zwischen der Hüslimatt und der Chäälematt/Obereich bis zur Fabrikstrasse vor, wie die Ingenieurin weiter erklärt: «In einem 30 bis 40 Meter breiten Korridor soll sich die Suhre, ähnlich ihrer ursprünglichen Weise, durch den neu gestalteten Raum schlängeln. Der Kraftwerkkanal unter der Autobahn bleibt bestehen und wird zum Kleintierdurchlass umgestaltet.» Eine neue Fussweg-Brücke, ein Trampelpfad innerhalb des Gewässerraums und ein weiterer Zugang an die Suhre sollen den Lebensraum auch für die Menschen zugänglich machen.

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1905 wurde erstmals eine Betriebsbewilligung für das Wasserkraftwerk in Muhen ausgestellt. Zum Ende des letzten Jahrhunderts wurde es stillgelegt. 2023 sollen die Restbauten verschwinden.

Gemeinde Muhen profitiert
Die Kosten für das eigentliche Bauprojekt belaufen sich auf 1,5 Millionen Franken. Dazu kommen Projektierungskosten und Ausgaben für den nötigen Landerwerb. Zahlungspflichtig sind grundsätzlich Bund und Kanton, wobei ein namhafter Betrag von einem Fonds gesprochen wurde, der von Aargauer Wasserwerkbetreibern für Revitalisierungen geschaffen wurde. Nur marginal an die Kasse gebeten wird die Gemeinde Muhen. Grundsätzlich müssen sich Gemeinden an den Kosten beteiligen, wenn sie von der Revitalisierung profitieren. In diesem Fall hebt der Kanton jedoch eine Verbauung auf, um deren Rückbau er sich schon sehr lange hätte kümmern müssen.

Konzessioniert wurde die Anlage in Muhen 1905 für die E. Knoblauch, Kartonfabrik Oberentfelden, ehe die Bewilligung 1919 der Karton und Papier AG, Muhen übertragen wurde. 1985 wechselten der Konzessionsbesitzer abermals, nämlich zur IC Immobilien und Verwaltungs AG, Oberentfelden. Die Anlage blieb noch bis zur Jahrtausendwende in Betrieb. Danach ist in den Dokumenten eine I. & R. Kasper AG, Verwaltung & Design, Boniswi als Konzessionsinhaberin eingetragen.

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Das Kraftwerk befindet sich ein paar Meter neben der Autobahn A1.

Eniwa-Pläne wurden versenkt
Steigende Anforderungen an die Naturverträglichkeit und das Kosten-Nutzenverhältnis machen die Stromproduktion an Fliessgewässern zunehmend unattraktiv. Tatsächlich lohnen sich Anlagen nur dank grosszügiger Subventionen. Die Pläne der Eniwa AG (damals noch IBAarau), die 2017 in Buchs und Suhr fünf Wasserkraftwerke bauen wollte, wurden aus Kostengründen versenkt.

Damit bleiben die beiden Anlagen in Hirschthal und Schöftland die einzigen Stromlieferanten in der Suhre. Auch das Wasserwirbelkraftwerk Schöftland existiert nicht mehr. Einst als Pionierbauwerk mit viel Tamtam eingeweiht, wurde die private Anlage wegen einem Konkurs und mangelnder Effizienz wieder zurückgebaut. Auch ökologisch stehen die Kraftwerke immer wieder in der Kritik. 2017 nannte die Wasser Fisch Natur AG in einer vom Kanton in Auftrag gegebenen Studie die Fischdurchgängigkeit des Kraftwerks in Hirschthal «gesamthaft ungenügend». Der Tadel wurde von der Eigentümerin Pfiffner Messwandler vor gut einem Jahr behoben. Das inzwischen zurückgebaute Wasserwirbelkraftwerk in Schöftland erhielt im gleichen Bericht übrigens eine vernichtende Beurteilung, wogegen die Wasserschnecke in Schöftland (gehört der Gemeinde) da noch nicht in Betrieb war.

Gespräche haben stattgefunden
Zurück nach Muhen. Die öffentliche Auflage dauert vom 31. Januar bis und mit 2. März 2022. Das Projekt liegt beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt und bei der Gemeindeverwaltung Muhen auf. Vom Eingriff direkt betroffen sind eine Handvoll Grundeigentümer, mit denen der Kanton bereits umfassende Gespräche geführt hat. Renaturierungen sind bei Landbesitzern nicht immer beliebt, das weiss auch Umwelt-Ingenieurin Sabin Nater: «Der Verlauf der Suhre war früher in diesem Gebiet leicht mäandrierend und hat wesentlich mehr Raum eingenommen als heute. Ziel des Projektes ist es, mit einem genügenden Gewässerraum der Suhre wieder die Möglichkeit zu geben, sich als struktur- und artenreicher Lebensraum auf diesem Abschnitt entfalten zu können.»

Ganz zurück in den Ursprungszustand lassen sich Flussläufe in den meisten Fällen nicht mehr versetzen und das sei auch nicht verhältnismässig, ergänzt Nater. «Mit dem Suhreprojekt wurde ein guter Mittelweg gefunden», ist sie jedoch überzeugt. Läuft alles nach Plan und gibt es keine Einwendungen, können die Bauarbeiten voraussichtlich im Sommer 2023 starten.