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«Wir möchten allen die Möglichkeit geben, den Wald ganz nah zu erleben»

Vreni Friker, waren Sie heute schon im Wald?
Vreni Friker: Ja, ich bin sehr viel im Wald. Unser Hund ist mir dankbar, wenn ich ihn im Schatten ausführe. Zudem sammle ich immer noch Tannzapfen für das Tannzapfenwerfen am Waldfest. Die Kinder dürfen sich freuen.

Das grosse, einwöchige Jubiläumsfest 100 Jahre WaldAargau in Unterentfelden steht vor der Tür. Wie ist der Stand der Vorbereitungen?
Wir sind auf Kurs. Der Aufbau des Festgeländes hat am Montag, 8. August begonnen. Ich bin stolz auf mein Team. Eine gute Zusammenarbeit ist für den Erfolg jeder Organisation wichtig, zumal der Endspurt der Vorbereitungen immer viele Details zu Tage bringt, egal ob erwartet oder unerwartet. Die Mitglieder des OKs arbeiten nahezu professionell. Wir haben eine gute Aufgaben- und Rollenteilung gewählt, arbeiten Hand in Hand und helfen uns gegenseitig.

Wo sind Sie zurzeit noch stark gefordert?
Die Koordination der vielen verschiedenen Akteure ist eine grosse Herausforderung. Es sind aber viele Helferinnen und Helfer auf Platz, die uns beim Aufbau des Festgeländes sowie des Waldparcours, der 30 Erlebnisposten beinhaltet, tatkräftig unterstützen.

Wie und wo entstand die Idee, das Jubiläum so gross zu feiern und es unter das Motto «Wald ganz nah erleben» zu stellen?
Der Vorstand von WaldAargau führte einen Workshop durch, um das Ausmass der Jubiläumsfeierlichkeiten festzulegen. Es war sehr rasch klar, dass wir unser Jubiläum im Wald, «wo wir zu Hause sind», ausgiebig feiern möchten. Zudem bestand auch der Wunsch, den Aargauer Holzerwettkampf, welcher der grösste kantonale Wettkampf dieser Art in der Schweiz ist, in unsere Jubiläumsaktivitäten zu integrieren. Das Motto ist naheliegend. Wir möchten den Menschen die Möglichkeit geben, den Wald ganz nah zu erleben, indem wir ihnen die vielen verschiedenen Facetten aufzeigen.

Einer der Höhepunkte ist der Waldparcours mit 30 Erlebnisposten. Wie schwierig war es, die verschiedenen Themen zu finden und zu vereinen?
Die Ideen für die verschiedenen Posten reiften sehr schnell. Die grosse Herausforderung war vielmehr, die Standbetreuer zu finden, die sich eine ganze Woche lang Zeit nehmen, Tausenden von Interessierten ihr Fachwissen näherzubringen. Der Einsatz erfolgt mit viel Herzblut für das jeweilige Thema. Das macht das Ganze so authentisch. Nicht wenige nehmen Ferien für ihren Einsatz!

Sie haben Schulklassen eingeladen, direkt nach den Sommerferien den Waldparcours zu besuchen. Wie war der Rücklauf?
Wir sind sehr zufrieden! Es war uns ein grosses Anliegen, dass unsere Waldtage nicht mit einem anderen grossen Event am gleichen Wochenende stattfinden. Das ist uns bspw. im Hinblick auf das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest gelungen. Zudem werden am ersten Wochenende im September in Entfelden das 50-Jahr-Jubiläum der Jungschi Entfelden (CEVI) sowie dasjenige des Frei- und Hallenbads Entfelden ausgiebig gefeiert.

Was erhofft sich WaldAargau davon?
Persönlich bezeichne ich den Wald gerne als «grüne Lunge». Ich bin überzeugt, dass viele vor allem die frische Luft und auch die Ruhe im Wald geniessen, anderen dient er als Sportarena. Der Wald bietet aber nicht nur Erholung, sondern von der Wurzel bis zur Krone Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Pilze und Moose siedeln am Boden, Flechten an seiner Rinde, Vögel im Stamm und in der Baumkrone. Wildschweine, Füchse und Rehe suchen Schutz in seinem Dickicht. Was von einem Baum abfällt, dient vielen Tieren als Behausung oder Nahrung. Der Wald ist auch Arbeitsplatz und liefert uns den Rohstoff Holz, welcher Wärme liefert und in der Holzbranche zu Möbeln verarbeitet oder in Holzbauten eingesetzt wird.

Wie reisen diese vielen Schulklassen an?
Die meisten Schulklassen reisen mit dem öffentlichen Verkehr an. Einzig die Gäste der ZEKA Baden, die mit Personen mit teils körperlichen Beeinträchtigungen anreisen und teilweise auf einen Rollstuhl angewiesen sind, fahren mit dem Bus an unsere Waldtage. Die örtlichen Schulklassen kommen zu Fuss oder mit dem Fahrrad.

Am Ende der Jubiläumswoche stehen drei Festtage mit einem riesigen und abwechslungsreichen Programm an. Auf welche drei Höhepunkte freuen Sie sich am meisten?
Ich freue mich auf alle musikalischen Highlights, sei dies von den örtlichen Vereinen oder den Bands wie ChueLee am Freitag- und azTon am Samstagabend. Ein besonderer emotionaler Moment wird die CD-Taufe «Waldsongs ganz nah erleben» sein. Weitere Höhepunkte des Anlasses sind der Holzerwettkampf sowie die Arbeit der Skulpturenschnitzer, die Erlebnisposten sowie der Waldgottesdienst.

Warum wurde ausgerechnet Unterentfelden und das Gebiet um das Waldhaus Lättweiher für das Fest ausgesucht?
Ein Anlass dieses Ausmasses muss verschiedene Anforderungen erfüllen. Für den Holzerwettkampf, das Festzelt, die Verpflegungsstationen sowie für die sanitären Anlagen ist eine Fläche von rund zwei Hektaren notwendig. Über 3000 Schülerinnen und Schüler werden die Waldtage besuchen. Zudem werden 10’000 bis 15’000 Gäste aus nah und fern den Wald ganz nah erleben. Daher ist eine gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz erforderlich. Aus diesen Überlegungen wurden drei Standorte in die engere Auswahl miteinbezogen. Aus der Beurteilung ging hervor, dass sich der Standort Eggacher, Unterentfelden, am besten für den Anlass eignet.

Sie haben ein Budget von einer Million Franken für das Fest. Wer bezahlt das Ganze?
Es ist mir ein Herzensanliegen, allen Partnern, Sponsoren und Gönnern herzlich zu danken. Wir dürfen auf wohlwollende Unterstützungen des Swisslos-Fonds, unserer Hauptsponsoren der Aargauischen Kantonalbank, der Eniwa AG sowie vom Migros Kulturprozent zählen. Hinzu kommen viele weitere Partner, auch im Bereich des öffentlichen Verkehrs sowie der Medien. Die Aargauer Waldtage werden sehr geschätzt, da es nicht ausschliesslich um «Jubel, Trubel, Heiterkeit» in einem Festzelt geht, sondern weil nebenbei viel Wissen vermittelt wird. Mit der Beschaffung des Waldmobils, welches Bestandteil unserer Jubiläumsaktivitäten ist, können wir unseren Sponsoren eine Nachhaltigkeit für die nächsten zehn Jahre gewähren. Das können nicht viele Events von sich behaupten. Wichtig ist zu wissen, dass wir über keine Defizitgarantie des Kantons verfügen. Zu guter Letzt muss unser Verband das Seinige dazu beitragen.

Und trotzdem ist das ganze Festangebot gratis.
Ja, wir freuen uns auf viele interessierte Gäste, die mit mir die Leidenschaft zum Wald teilen. Das ganze Angebot, inklusive Unterhaltung, ist gratis. Wir schätzen es aber, wenn Sie unser reichhaltiges kulinarisches Angebot geniessen werden. Und darum ruf ich auf: «Uf bald im Wald!»

Sie sind seit 2014 Präsidentin von WaldAargau. Wie kam es dazu, und was ist der Hauptgrund, dass Sie sich so intensiv für den Wald einsetzen?
Ich habe im Jahr 2013, in meiner Funktion als Grossratspräsidentin, mit grosser Freude die Einladung zur Mitgliederversammlung angenommen. Diese Teilnahme hatte Folgen wie keine andere (lacht). Ich wurde später kontaktiert und angefragt, ob ich mir ein Präsidium vom Aargauischen Waldwirtschaftsverband, wie unser Verband damals noch hiess, vorstellen könnte. Ich bin sehr urban, jedoch neben dem Wald aufgewachsen. Ich war von klein an mit meiner Mutter im Wald. Gleiches tat ich mit unseren Söhnen. Unser älterer Sohn lernte den Beruf des Forstwartes. Das Lesen der Arbeitsberichte brachte mir die Waldwirtschaft näher. Also nahm ich mit grossem Interesse und grosser Freude das Angebot an.

Der Wald ist bei der Bevölkerung sehr beliebt, trotzdem will niemand Geld in die Hand nehmen und die Dienstleistungen wie Pflege und Unterhalt bezahlen. Diese Rechnung geht nicht auf. Was fordert WaldAargau von der Politik und der Bevölkerung?
Jede Arbeit, die im Wald verrichtet wird, muss ein Preisschild haben. Die Erwartungshaltung der Bevölkerung an den Zustand der Waldstrassen und andere Infrastrukturen ist sehr gross. Man vergisst, dass die Waldstrassen ursprünglich für die Waldbewirtschaftung erstellt wurden. Es war nicht vorgesehen, dass diese als Reitparcours, Bike- oder Laufstrecke dienen sollen. Auch Feuerstellen sowie anderweitige Freizeiteinrichtungen und viele Parkplätze müssen bewirtschaftet werden. Das kostet alles Geld. Wir erwarten eine kostendeckende Entschädigung. Mit der Erarbeitung des Leistungskatalogs bieten wir den Forstbetrieben die notwendige Grundlage für die Diskussionen mit den politischen Vertretern.

Wie bringen wir aus Ihrer Sicht künftig die verschiedenen Interessen rund um den Wald und seine Nutzung am besten unter einen Hut?
Wir erwarten von allen Playern einen respektvollen Waldbesuch! «Höflichkeit ist eine Zier, es liebt sie auch das Waldgetier.» – könnte man dichten. Zwecks Sensibilisierung wurde der Wald-Knigge erschaffen. Dieser fordert die Waldbesuchenden auf, ein paar einfache Hinweise und Regeln zu beachten, damit es dem Wald und uns allen gut geht. Den Wald-Knigge gibt es als Flyer, als Plakat und als Video.

Was wünschen Sie sich für die nächsten 100 Jahre für den Wald und Wald-Aargau?
Ich wünsche mir, dass mehr Holzbauten mit Holz aus unseren eigenen Wäldern gebaut werden. Holz ist einer der wenigen nachwachsenden Rohstoffe in unserem Land. Es soll nicht nur für Lebensqualität in Form von Wärme, sondern auch fürs Wohnen dienen. Der Wald wird uns dank anderen Baumsorten, die hitzeresistenter sind, auch in Zukunft vor Naturgefahren schützen und sauberes Trinkwasser liefern. Die sehr gute Zusammenarbeit mit dem Försterverband, JagdAargau und anderen verwandten Interessenverbänden soll aufrechterhalten werden.

Eine Frage zum Schluss: Wenn Sie ein Baum wären, was wäre das für einer?
Ich wäre gerne eine Traubeneiche. Sie zählt zu den resilienten Bäumen, die gut mit den steigenden Temperaturen zurechtkommen.

Wald-Knigge: Zehn Tipps für einen respektvollen Waldbesuch.

Alle Infos zu den Waldtagen in Unterentfelden auf einen Klick.


Zur Person

Vreni Friker-Kaspar
Alter: ü60
Erlernter Beruf: Kauffrau
Tätigkeiten: Präsidentin WaldAargau und Geschäftsstellenleiterin Aargauischer Zivilschutzverband
Zivilstand: verheiratet
Aufgewachsen in: Schlieren/ZH
Lebt in Oberentfelden seit: 1989
Das mag sie: Geselligkeit mit Familie und Freunden
Das mag sie weniger: Ungerechtigkeit und Missgunst
Diesen Wunsch möchte sie sich noch erfüllen: Den Jakobsweg bis Santiago de Compostela – oder noch besser bis Finisterre – zu Ende marschieren.