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«Das 125-Millionen-Hilfspaket ist im Aargau Ende Februar aufgebraucht»

Der Präsident des Aargauischen Gewerbeverbandes Benjamin Giezendanner (39, SVP) fordert vehement, die Corona-Massnahmen zu lockern. «Wenn wir nicht öffnen, kostet das Geld, Lehrstellen und viele Arbeitsplätze», sagt er im ZT-Talk. Hier ein Auszug davon.

Benjamin Giezendanner über Rückmeldungen aus notleidenden Gewerbebetrieben: Er erhalte Feedback aus Betrieben, «die stark leiden, sehr stark leiden, keine Liquidität mehr haben oder einfach sonst nicht mehr weiterwissen». – «Nehmen wir Kleiderläden. Die sind kurzfristig geschlossen worden im Dezember. Die beginnen normalerweise nach dem 24. Dezember oder auch schon vorher mit dem Pre-Sale.» Damit komme Liquidität in die Kasse. «Aber das ging im Aargau nicht. Im Aargau wurden die Läden geschlossen, sie sitzen leider noch heute auf ihren Kleidern und haben keine Online-Kanäle.» Die schwierige Situation vieler Betriebe habe ihn teilweise stark mitgenommen, sagt der SVP-Nationalrat.

Benjamin Giezendanner über die Forderung des Gewerbeverbandes, die Massnahmen zu lockern: «Die Hauptforderung ist immer noch dieselbe wie vor zwei Monaten: Wir müssen so schnell wie möglich wieder öffnen. All diese Entschädigungen oder eben nur Teilentschädigungen werden das Gewerbe ins Unglück stürzen.» – «Wenn wir nicht öffnen, kostet das Geld, es kostet Lehrstellen, es kostet Arbeitsplätze. Also lieber heute als morgen öffnen, selbstverständlich unter der Bedingung von Schutzkonzepten. Aber wir müssen wieder öffnen, wir müssen die Wirtschaft spielen lassen. Ansonsten gibt es ganz tiefe Spuren, vor allem in der Aargauer Wirtschaft.»

Benjamin Giezendanner über die Risiken einer überstürzten Öffnung, die die Fallzahlen schlagartig wieder ansteigen lassen könnte – was schliesslich zu einem dritten Lockdown führen würde: «Nein, das soll es nicht sein. Es muss ein Abwägen sein, deshalb habe ich die Schutzkonzepte erwähnt.» Es brauche vielleicht auch Auflagen, in Restaurants beispielsweise genug Platz und funktionierende Lüftungen. «Aber wir müssen den Weg vorwärtsgehen, sonst sind wir an Ostern noch im Lockdown, vielleicht sogar noch vor den Sommerferien. Wir müssen lernen, damit zu leben.»

Benjamin Giezendanner über das 125- Millionen-Franken-Hilfspaket, das die Aargauer Regierung im Dezember beschlossen hat – und die Frage, wie lange es reicht: «Diese 125 Millionen werden aus meiner Sicht Ende Februar aufgebraucht sein, und dann muss man das nächste Paket bringen. Das frisst unglaublich viel Geld, aber nicht nur auf kantonaler Ebene. Auf Bundesebene sprechen wir von über 50 Milliarden Franken und mehr. Das sind gewaltige Summen, die wir jeden Monat verbrennen. Da ist die Frage: Wie lange können wir das noch?»

Benjamin Giezendanner über verzweifelte Kleinunternehmen, die sich an ihn wenden und um Hilfe bitten: «Ja, die gab es, vor allem nach dem 18. Dezember», so Giezendanner. «Das war sehr intensiv, da sind sehr viele gekommen, so dass ich vielleicht ein bisschen zu wenig Zeit für die Familie und das Geschäft hatte.» Inzwischen sei es etwas ruhiger geworden. «Aber jetzt kommen die komplexeren Fragen.» Er könne sich aber nicht um jeden Fall kümmern und Finanzplanungen anbieten.

Benjamin Giezendanner über die langfristigen Schäden für die Wirtschaft: «Für die zweite Jahreshälfte bin ich optimistisch, wenn es jetzt nicht noch schlimmer wird.» Allerdings: «Tausende von Menschen sind ruiniert, weil wir, die Politik, vor allem die Regierungen, alles geschlossen haben.» Diese Menschen hätten kein Geld mehr, «und sie fallen teilweise in das Sozialsystem». – «Das ist sehr tragisch und macht mir Sorgen. Das waren Menschen, die jeden Tag hart gearbeitet haben für ihr Geld. Und die stehen jetzt vor dem Nichts, das tut einem weh.»

Hier geht es zum ZT-Talk in voller Länge www.zofingertagblatt.ch/zttalk