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Digitale Kommunikation: Nützlich, aber nicht der einzige Weg

Wie kann man die Bevölkerung zur Teilnahme an politischen Prozessen motivieren? Während der diesjährigen «Gemeindetagung» in Aarau wurden digitale Lösungen präsentiert und traditionelle Kanäle wie Print-Zeitungen verteidigt.

An einer Gemeindetagung lädt der Kanton Aargau Vertreter aus Gemeinden und Städten zu Referaten und zur Netzwerkpflege ein. Landammann Dieter Egli, Vorsteher des Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) begrüsste 250 Gäste in Aarau. Dieses Jahr beschäftigten sich die Referenten mit der Frage, wie die Kommunikation mit der Bevölkerung besser klappen könnte. Prof. Dr. Daniel Kübler vom Zentrum für Demokratie Aarau plädierte in seinem Referat für mehr persönliche Kontakte, zum Beispiel mit einem repräsentativen «Bevölkerungsrat». Auch Michael Widmer, Präsident Verband Aargauer Gemeindeschreiber empfiehlt «Turnhallenübungen», bei denen in kleinen Gruppen Themen bearbeitet werden können. Er stelle jedoch fest, dass die Beteiligung an solchen Versammlungen «eher bescheiden» sei und immer etwa das gleiche Publikum mitmache. 

Die Frage ist also: Wie kann man eine breitere Bevölkerungsgruppe einbeziehen? Annette Kielholz, stv. Leiterin Kommunikation DVI, und nach eigener Aussage «seit Jahrzehnten digital unterwegs», sieht viel Potential in der digitalen Kommunikation. «Wenn die Behördenkommunikation ein Bergbach ist, sind die Sozialen Medien im Vergleich dazu ein reissender Fluss». Kielholz zeigte, wie Influencer bei Instagram mehrere Hunderttausend «Follower» hätten und sieht auch für Behörden Chancen, sich einem neuen Publikum zuzuwenden. Gezeigt wurden in Videobeiträgen entsprechende Beispiele. Die Realität sieht jedoch so aus: Von 197 Aargauer Gemeinden betreiben nur gerade 60 wenigstens einen Social-Media-Kanal. Die Gastgebende Stadt Aarau hat bei Facebook zum Beispiel 163 Follower, bei Instagram sind es immerhin rund 3500.

Lokale Vielfalt bedroht

In den Gesprächen nach der Veranstaltung waren sich die Gemeindevertreter – viele aus der Region Wynental, Suhrental und Seetal – insbesondere mit dem Referat von Lokaljournalistin Nadja Rohner (Aargauer Zeitung) einig, die von Paloma Meier, Leiterin Kommunikationsdienst des Regierungsrats und mit einem Video-Statement aus dem Hause «Der Landanzeiger» unterstützt wurde: Online-Plattformen seien wichtig, doch stellen sie auch eine Gefahr für die lokale Berichterstattung dar, so die Botschaft. Wandern nämlich Nutzer, Werbepartner und damit auch der Geldfluss auf Plattformen im Ausland ab, werden hiesige Medienangebote in ihrer Existenz bedroht und lokale Themen finden in der Öffentlichkeit kaum mehr Anerkennung – «News-Wüsten», wie sie in Deutschland schon verbreitet sind, drohen zu entstehen.

Digitale Kanäle wie Facebook oder Instagram, so das Fazit, sind nützlich, aber auch kostenintensiv. Investitionen wollen wohl überlegt sein. Sie können und dürfen bestehende Kanäle wie Infoveranstaltungen, lokale Medien und den persönlichen Umgang unter Menschen nicht ersetzen oder gar verunmöglichen – zumal wegen des Online-Überangebots eine zunehmende «digitale Müdigkeit» festgestellt werden kann: Laut dem «Jahrbuch Qualität der Medien» konsumieren 46,4 Prozent der Schweizer Bevölkerung kaum mehr Nachrichten. Eine Studie des Forschungsinstituts Sotomo im Auftrag der CSS hält darüber hinaus fest, dass auch der «digitale Stress» dazu führe, dass nur noch 11 Prozent der Bevölkerung angibt, sich «sehr gesund» zu fühlen. 

Remo Conoci

Quellen 
Referate und Videos der Gemeindetagung (Kanton Aargau, 30. Oktober 2025)
Artikel «Jahrbuch Qualität der Medien» (Watson, 27. Oktober 2025)
Artikel Sotomo / CSS-Gesundheitsstudie (Bilck, 25. September 2025)