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Einwohnerrat muss noch an der Tonleiter arbeiten – «der Ton macht die Musik»

Die erste Sitzung des Einwohnerrats Buchs im 2024 – am 4. April – hatte es in sich. Bereits bei der ersten Abstimmung musste der neue Einwohnerratspräsident Marc Jaisli (SVP) einen Stichentscheid fällen. Von mehr Respekt und Anstand war während den vier Stunden mehrfach die Rede, trotzdem erfolgte auch ein Antrag auf Sitzungsabbruch. Und ja, der Einwohnerrat hat auch über Geschäfte entschieden, mehrfach nach Wunsch des Gemeinderats.        

Die neunte Einwohnerratssitzung der Legislatur 2022-2025 von Buchs startete mit der im Jahr 2024 Inpflichtnahme von drei neuen Einwohnerrätinnen und Einwohnerräten. Dariyusch Pour Mohsen  (SP-Grüne), Simon Schumacher (SVP) und Daniel Willi (Mitte) ersetzen die zurückgetretenen Sonja Morley (SP-Grüne), Mersa Odzini (SVP) und Denise Zeller Xenaki (Mitte), die in den Gemeinderat gewählt wurde. 

Noch vor der Antrittsrede des neuen Einwohnerratspräsidenten Marc Jaisli (SVP), stellte die FDP einen Ordnungsantrag für einen einminütigen Unterbruch. Die Partei machte deutlich, dass sie hinter dem Gemeinderat stehe und nicht weiter akzeptiere, dass das Politklima vom neuen Einwohnerratspräsidenten und seiner Partei weiter vergiftet werde. Der Ordnungsantrag auf die einminütige Pause endete mit einer Pattsituation von 17:17, bei 4 Enthaltungen. So musste Marc Jaisli bereits bei seiner ersten Sitzung den Stichentscheid fällen. Er sprach sich gegen die Pause aus. 

Statt einer Antrittsrede zeigte der neue Einwohnerratspräsident ein Video, auf dem er zusammen mit seiner Frau Anita, die Grenzen von Buchs mit dem Velo abfuhr und auch Neues kennenlernte. Er empfahl dem Einwohnerrat, es ihm mal gleichzutun.         

Das Baufeld «Dorfmetzg» gehört seit den 80er-Jahren der Gemeinde Buchs. Aufgrund der sich in den letzten Jahren geänderten Voraussetzungen und der aktuellen finanziellen Lage der Gemeinde, möchte der Gemeinderat einen Investoren-Wettbewerb ausschreiben und beantragte dafür einen Kredit von 470’000 Franken inkl. MwSt. Die GPK stimmte dem Entscheid mit 5:4 zu. Samuel Hasler (SVP) stellte einen Minderheitsantrag der GPK und wollte das Land ohne Wettbewerb, direkt verkaufen. Nach angeregter Diskussion wurde Haslers Antrag abgelehnt. Der Antrag des Gemeinderats für einen Investoren-Wettbewerb wurde mit 22 Ja zu 16 Nein, angenommen. Das letzte Wort über den Verkauf des Landes hat am Ende wieder das Volk an der Urne.

Für den Ersatz von Buswartehäuschen, Belagsersatz in der Bühlstrasse, Anpassungen an der öffentlichen Strassenbeleuchtung und den Ersatz einer Wasserleitung in der Tramstrasse beantragte der Gemeinderat einen Kredit von 715›000 Franken. Samuel Hasler (SVP) wollte den Betrag um 66›000 Franken kürzen und billigere Bushaltehäuschen anschaffen. Sein Antrag wurde mit 30 Nein zu 8 Ja, abgelehnt. Dem Kreditantrag des Gemeinderates wurde mit 30 Ja zu 8 Nein zugestimmt.  

Einstimmig (38:0) genehmigte der Rat für den Sozialen Dienst, eine Erhöhung der Stellenprozente von 700 % auf 860% ab 1. Juli 2024, und jährliche Mehrkosten von 82›500 Franken und einmalige Kosten von 23›000 Franken. 

Weil die Bevölkerung von Buchs einer Erneuerung des Bärenplatzes eine Abfuhr erteilte, wurde der Bericht zum Postulat von Urs Truttmann betreffend kombiniertem Betriebskonzept für den Gemeindesaal und das neu gestaltete Bärenareal nichtig. Vom Bericht wurde Kenntnis genommen und das Postulat von der Kontrolle abgeschrieben.

Der Bericht zum Postulat von Marius Fedeli (SP und Grüne), betreffend Masterplan bezüglich energetischer Massnahmen bei Gemeindeliegenschaften und der Bericht zum Postulat von Samuel Hasler (SVP), betreffend Prüfung von Solaranlagen auf Gemeindeliegenschaften wurden beide mit 38:0 zur Kenntnis genommen.

Marius Fedeli (SP und Grüne), wollte per Postulat eine Bevölkerungsumfrage über das weitere Vorgehen rund um die Verschuldung von Buchs bewirken. Während sich der Gemeinderat dagegen aussprach, weil aus seiner Sicht zu viele Vorkenntnisse und Vorbereitungen nötig seien, wollten SVP und SP/Grüne die Bevölkerung befragen, «um bei nächsten Urnenabstimmungen nicht immer zu verlieren». Das Postulat wurde mit 19 Nein zu 17 Ja, bei 2 Enthaltungen, nicht überwiesen.  

Mit einem Postulat wollte Evelin Meier (glp) eine Entscheidungsgrundlage zur Entwicklung von Buchs als eigenständige Gemeinde vs. Zusammenschluss mit Aarau erarbeiten lassen. Das Thema wurde anfänglich als Motion eingereicht und später in ein Postulat umgewandelt. Die Meinungen waren geteilt und das Nein zum Zukunftsraum noch zu frisch. So wurde das Postulat mit 16 Ja zu 21 Nein, bei 1 Enthaltung, nicht überwiesen. 

Mit Spannung wurde die Anfrage von Samuel Hasler (SVP) betreffend Folgen der Aufsichtsanzeige gegen den Gemeinderat in Sachen Bauverfahren erwartet. Im Mai 2023 wurde gegen den Gemeinderat Buchs eine Aufsichtsanzeige beim Kanton eingereicht, da der Verdacht im Raum stand, dieser würde seine Kompetenzen bei Baubewilligungsverfahren überschreiten und Mitglieder der Exekutivbehörde würden sich daraus Vorteile entnehmen. Da es beim Baubewilligungsverfahren den Gemeindepräsidenten Urs Affolter (FDP) betraf, ging dieser in den Ausstand und Vizepräsident Toni Kleiber (FDP) beantwortete die Fragen. Hasler zeigte sich mit den Antworten nicht zufrieden und griff Urs Affolter daraufhin frontal, persönlich und sehr forsch an. Marius Fedeli (SP und Grüne) griff ein und stellte einen Antrag auf Sitzungsabbruch und Verschiebung der Anfragen auf die nächste Sitzung. Mehrere Einwohnerrätinnen und Räte fordern eine Fortführung der Sitzung «in Anstand und Würde».  Sandra Meier-Jaisli (SVP) meinte: «Wir vertreten das Volk und haben das Anrecht Fragen zu stellen.» Fedelis Antrag auf Sitzungsabbruch wurde mit 32 Nein zu 5 Ja, bei einer Enthaltung, abgelehnt. Fedeli verliess daraufhin demonstrativ die Sitzung und den Saal.  

Ratspräsident Marc Jaisli rief die Einwohnerräte daraufhin zu mehr Sachlichkeit und Anstand auf. 

Die SVP-Fraktion wollte vom Gemeinderat weiter wissen, wie sich Beruf und eine eigene Firma vereinbaren lassen. Angesprochen haben sie dabei die beiden Buchser Leiter Finanzen und Leiter Steuern, die eine eigene Firma geründet haben und Dienstleistungen in Sachen Steuer-, Finanz- und Immobilienfragen anbieten. Der Gemeinderat antwortet ausführlich, betonte, dass er von Anfang an davon wusste und es dadurch kein Problem mit dem Arbeitsrecht gebe. Weiter gebe das Arbeitsrecht auch Leitplanken vor. So ist es dem Duo untersagt, Aufträge von der Buchser Bevölkerung anzunehmen. Weiter dürfen sie ihre Dienstleistungen nur in der Freizeit anbieten und bearbeiten. Der Gemeinderat vertrauen den beiden voll und ganz, betonte Urs Affolter und danke ihnen für ihre vorzügliche Arbeit . Der Einwohnerrat schloss sich mit einem Applaus den Aussage an.  

Die SVP stellte eine weitere Anfrage betreffend dem Hacker-Angriff auf das Mail des Gemeindepräsidenten.
Am 27. Februar wurde das Mailpostfach des Gemeindepräsidenten Urs Affolter Opfer einer Hackerattacke. Gemäss Gemeinde konnte die unbekannte Täterschafft Zugriff auf das Postfach erlangen und versendete tausende von Phishing Mails. Patrick Bleuer, IT Verantwortlicher und Leiter Finanzen in Buchs gab Auskunft. Er berichtete, dass der finanzielle Schaden rund 1000 Franken betrage, und Stand letzter Woche, keine weiteren Schäden bekannt seien. Das Bundesamt für Cybersicherheit sei über den Anschlag informiert und die Mitarbeiter zusätzlich sensibilisiert worden. Eine Analyse werde nun zeigen, wo im Bereich Sicherheit nachgebessert werden müsse und wie teuer das werde. 

SP und Grüne wollte vom Gemeinderat wissen, was er betreffend dem gefährdeten Mobility-Standorte in der Gemeinde Buchs unternehme. Der Standort beim Kaiserpark sei erstmals als gefährdet gekennzeichnet worden und sollte dies in einem Jahr weiterhin so sein, könnte es zu einer Schliessung des Standorts kommen. Gemeinderat Reto Fischer hielt bei seiner Antwort fest, dass die Mobility Genossenschaft eine privates Unternehmen sei und die Gemeinde die Dienstleistung zwar begrüsse, aber nicht mit Steuergeld unterstützen könne. Weiter sehe sich der Gemeinderat nicht gezwungen selbst aktiv zu werden.

Die SVP stellte weitere Fragen betreffend der teilweise kurzfristigen Schulraumplanung der Kreisschule Aarau Buchs und dem neuen Betriebsleiter des Gemeindesaals.  

Unter Verschiedenem informierte unter anderem Gemeinderat Reto Fischer, dass die Traglufthalle über dem Schwimmbad in Kürze abgebaut und eingesommert werde, dass am 1. Juni rund um den Gemeindesaal das Fest der Kulturen stattfinden und die 1.-August-Feierlichkeiten einige Änderungen erfahren würden. Gespannt dürfe man auf die 1.-August-Rede sein.  Wer sie halten wir, wollte Fischer noch nicht verraten. 

Nach der Verabschiedung der abgetretenen Einwohnerräte und der Vize-Gemeindeschreiberin zog Einwohnerratsvizepräsident Reto Bianchi (GLP), nach rund vierstündiger Sitzung, ein erstes Fazit in Form einer Zusammenfassung. Er attestierte Marc Jaisli, seine erste Sitzung mit Bravour gemeistert zu haben, hiess die drei Neuem im Rat willkommen und freute sich darüber, dass die SVP im sozialen Bereich einer Stellenerhöhung einstimmig zustimmte. Bianchi formulierte zum Abschluss aber auch ein grosses Anliegen. Er wünscht sich für die nächsten Sitzungen einen anderen Umgangston, «denn der Ton macht die Musik». Ob und wie viel gewisse Einwohnerräte an der Tonleiter «geübt» haben, sieht man am 18. Juni 2024, 19.00 Uhr, wenn die nächste Sitzung ansteht. RAN