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Längst nicht mehr das Dorfplatz-Tor

«Sie suchen den exklusiven Durchblick – wir bieten Ihnen den passenden Rahmen dazu.» So lauten die ersten Zeilen einer Broschüre, auf der ein steinernes Tor abgebildet ist. Die Adressaten der Broschüre, denen ein Kauf schmackhaft gemacht werden sollte, mögen zweimal hingeschaut haben. Das Tor steht auf einer Wiese, schreitet man durch, tritt man vom Nichts hinein und ins Nichts wieder heraus.
Die Wiese liegt im Zentrum Kölliken und ist unter «Dorfplatz» bekannt. Grössere Veranstaltungen im Freien finden dort statt. Von der Grösse her eignet sich die Fläche gut, doch war das Wetter zuvor ein paar Tage feucht, ist sie matschig und besteht während des Events Rutsch- und Dreckgefahr. In der Vergangenheit wollte der Gemeinderat deshalb einen richtigen Dorfplatz gestalten, schlug den Einwohnern vor, das Terrain hierzu einem Investor zu verkaufen. Dieser hätte einen von Häusern gesäumten Begegnungsplatz errichtet. Am Ende wollten die Köllikerinnen und Kölliker nicht. Ein paar Jahre zuvor war der Gemeinderat aber noch guter Hoffnung und damit beschäftigt, das Volk ins Boot zu holen.

Aus dem Oltner Tor wird das Tor zum Dorfplatz
Dann kam der ehemalige Kölliker Tierarzt und leidenschaftliche Steinbildhauer Andres Brändli auf den damaligen Ammann Roland Brauen zu. Damals wohnte er schon in Aarau, die Beziehung zu Kölliken blieb aber eng. Er habe das über 100-jährige Eingangstor eines abgerissenen Oltner Hauses erworben und gedenke, es in Kölliken aufzustellen. Die Vision vom «Tor zum Dorfplatz» war geboren. Das Tor, das an den Wiesenrand gestellt wurde, sollte «die Initialzündung zum Dorfplatz» sein, erzählt alt Ammann Roland Brauen heute. Beim Blick hindurch sollte man sich seinen eigenen Dorfplatz ausmalen. Ein Jahr lang sollte es stehen bleiben, danach wieder wegkommen. Seit 10 Jahren ist diese Deadline nun verstrichen, das Tor geblieben. Erst, weil es zum Projekt Dorfplatz noch keinen Entscheid gab, dann, weil es zu einem Teil von Kölliken geworden war. Wie der heutige Ammann Mario Schegner bestätigt, nehmen die Einwohner Brändlis Tor positiv war.

Zu einem Symbolpreis vor dem Zerfall gerettet
Natürlich ist auch der erfolglose Verkaufsversuch ein Grund, weshalb die 10 Tonnen Jurakalk noch neben dem Dorfplatz stehen. Da mochten auch die Verwendungsvorschläge in der genannten Broschüre nicht zu überzeugen. Als Kreiselschmuck oder Teil eines Park-Konzepts könne es dienen, stand dort. Auch die Gemeinde kaufte das Kunstwerk nicht. Heute ist Andres Brändli nicht traurig, dass er immer noch Eigentümer des Portals ist. «Es ist mein Geschenk an die Gemeinde», sagt er mit Augenzwinkern.
Bevor das Tor in Kölliken seine Wiedergeburt erlebte, umrahmte es den Eingang einer ehemaligen Bäckerei in Olten. Angefertigt wurde es in den 1890er-Jahren. Brändli entdeckte es im Steinlager der Wöschnauer Firma, die das Haus abgebrochen hatte und war von seiner Ästhetik fasziniert – «vor allem von der Mittelsäule im griechischen Stil». Er erwarb es «zu einem symbolischen Preis» und liess es ausbessern. Die Traverse oben war zerbrochen und wurde originalgetreu restauriert. Die dreistellige Hausnummer ersetzte er durch die schmucke Nummer vier.
Der Dorfplatz war nicht Brändlis erste Standortwahl. «Ich hatte erst die Idee, es in eins der Felder in Autobahnnähe zu stellen. Zusammen mit der Allee von Eichenbäumen hätte das ein wunderbares Bild ergeben.» Doch weder im Feld noch als Kreiselschmuck würde das Portal als Verweilort dienen, wo dem Dreikäsehoch der Schuh gebunden oder Znüni gegessen werden kann. Ganz einfach geht das Hinsitzen momentan zwar nicht, wie Brändli bemerkt: «Da hat doch jemand das Steinbänkli runtergeworfen. »