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Die Pläne «Böhlerkreuzung» liegen auf: Das Nadelöhr bleibt ein Nadelöhr

Hauptstrasse und Böhlerknoten in Unterkulm müssen saniert werden. Nun legt der Kanton die neuen Pläne vor, 6 Jahre nach der letzten Projektauflage.

Man kann es drehen und wenden wie man will, der Böhlerknoten in Unterkulm bleibt ein Nadelöhr. Die neusten Pläne für eine Strassensanierung samt Eigentrassierung für die Bahn, die ab heute aufliegen, werden auch diesmal nicht allen Beteiligten Freude bereiten. Velofahrer, Fussgänger Lastwagenfahrer, Autofahrer und Anwohner – alle müssen Kompromisse eingehen.

So plant der Kanton
Die Böhlerstrasse wird auf den Knoten hin deutlich verbreitert, damit «mehr Warteraum für den motorisierten Individualverkehr» geschaffen wird, wie dem technischen Bericht zu entnehmen ist. Sprich, die beiden vorgesehenen Einspurstrecken werden etwa 100 Meter lang und die neue Velospur kommt in Richtung Knoten ab Höhe Kreuzweg auf das 3,5 Meter breite Trottoir zu liegen. Die Strasse wird breiter und kommt näher ans Bezirksgebäude heran. An der Kreuzung selbst sorgt dann für alle Verkehrsteilnehmenden eine neue Lichtsignalanlage für ein sicheres Ab- oder Einbiegen resp. Überqueren der Strassen.

Das Befahren der Hauptstrasse bleibt besonders für Velofahrer gefährlich. Der Kanton plant zwar in alle Richtungen separate Fahrbahnen, also auch für die Abbieger in die Böhlerstrasse, jedoch ohne Radstreifen. Die Velos bleiben im Mischverkehr, wobei die jeweiligen Spuren nur zwischen 3,1 und 3,27 Meter breit werden. Gemäss den kantonalen Grundlagen für Fahrbahnbreiten sollten es aber 3,5 Meter sein. Das zeigt: Das Überholen von Velofahrern ist an der Böhlerkreuzung unmöglich, zumal das Ausweichen auf das Bahntrassee (in Fahrtrichtung Süden) keine Option mehr ist: natürlich aus Sicherheitsgründen, aber auch, weil die Bahn neu auf einem Grüngeleise geführt wird, mit einem Randstein abgetrennt ist und nicht befahren werden kann. In nördlicher Richtung muss die Tankstelle weichen und ein Trottoir hält den Verkehr auf der Strasse.

Aus allen drei Richtungen sind zudem jeweils Verkehrsinseln vorgesehen, auf denen auch die neuen Lichtsignalanlagen zu stehen kommen. Baulich verändert wird im Zuge der Sanierung auch die WSB-Haltestelle «Zentrumsplatz». Neu werden die Anforderungen ans Behindertengleichstellungsgesetz erfüllt und das Perron auf 120m verlängert, wie das bei allen WSB-Haltestellen erforderlich ist. Auch hier wird es eng: Der parallel zum Wartebereich vorgesehene Gehweg führt unter dem Vordach des Gartenrestaurants Korzo durch und am ehemaligen Restaurant Sonne, nahe an der bestehenden Eingangstreppe vorbei – das wird bei einer Gesamtbreite von 2.5 Metern eng.

Eigentlich nur ein Provisorium
Für die Sicherung des «Böhlerknotens» hat der Grosse Rat bereits 24 Millionen Franken gutgeheissen. Eine erste Auflage wurde jedoch zur Überarbeitung zurückgewiesen. Erst sollten weitere Varianten geprüft werden, etwa der von einer IG geforderte Bahntunnel. Diese Variante wurde als langfristiges Vorhaben offiziell anerkannt, doch brauche die Umsetzung zu lange, wie es damals seitens Bauherrschaft hiess. Die nun präsentierte Lösung ist im kantonalen Richtplan festgeschrieben, ist aber streng genommen nur eine Übergangslösung, die möglicherweise länger als 30 Jahre bestehen bleibt.

Die Sanierung der Kreuzung ist nur ein Teil des Projekts, südlich und nördlich der Kreuzung sind entlang der Hauptstrasse ebenfalls Anpassungen geplant, etwa bei der Einmündung Binzhaldenstrasse (gegenüber dem Denner). Bestehende Zufahrten zu  Läden und Liegenschaften die heute über die Gleise führen, verschwinden weitgehend. Die Gebäude sind  rückwärtig anzufahren, weshalb Hausbesitzer wohl mit Aufwendungen rechnen müssen. Darüber hinaus werden durch die neue Strassenführung zum Teil  gesetzliche Mindestabstände zu den Liegenschaften unterschritten. An einigen Stellen müssen Gartenabschlussmauern versetzt werden, oder der Gehweg wird etwas schmaler.

Im ganzen Projektperimeter werden  für die Sanierung vom Kanton private Flächen in Anspruch genommen, die sich auf über 70 Parteien verteilen. Das bedeutet ebenso viele Verhandlungen und ebenso viele mögliche Streitfälle, die im äussersten Fall bis zur Enteignung führen können. 

Wie die neuen Pläne bei der Bevölkerung ankommen, darüber gibt ein Leserbrief Aufschluss, der in  verschiedenen Zeitungen erschienen ist. Darin ist von einer mangelnden Einbindung der Bevölkerung zu lesen. Ein Thema, das bereits den Grossen Rat beschäftigt hat und 2019 dazu führte, dass das damalige (ähnliche) Projekt sistiert und ein Beteiligungsverfahren eingeleitet wurde. Dieses dauerte bis 2022 und beinhaltete vorerst die Mitwirkung einer Spurgruppe und danach einer Begleitgruppe. Nun dürfte der Kanton emotionalen Einwendungen entgegenhalten, dass die neue Projektauflage dank der Einbindung und der umfangreichen Dokumentation breit abgestützt ist und genügend Rechtsmittel böte, um sich zur Wehr zu setzen. Die Unterlagen liegen ab heute 2. Juni bis 1. Juli 2025  in Unterkulm auf und sind unter www.ag.ch/auflage-strassenprojekte zu finden.

Es bleibt dabei: Man kann es drehen und wenden wie man will, der Böhlerknoten bleibt ein Nadelöhr. Mindestens bis zum frühestmöglichen Baustart im Jahr 2029  und wohl auch weit darüber hinaus.

Remo Conoci

Blickrichtung Süden: Die Punkte in der Bildmitte deuten die Verkehrsinsel an. Die Tankstelle muss weichen – an deren Stelle  führen die Fahrbahn Richtung Norden und ein Trottoir durch.
Bild: Remo Conoci