
«In der Schweiz suchen wir immer noch unseren Weg»
In der Mehrzweckhalle waren alle Plätze besetzt, als die Musikgesellschaft Gränichen die ersten Stücke spielte und der Präsident der «Kultur in Gränichen» Ulrich Price, sowie Gemeinderat Manuel Eichenberger ans Rednerpult schritten, um die gemeinsame 1.-August-Feier zu eröffnen. Die beiden Gastgeber begrüssten in ihren kurzen Ansprachen die vielen Gäste, wobei ein besonderer Dank dem Hauswart, dem Gränichen STV und der Kulturkommission für die tadellose Durchführung des Anlasses ausgesprochen wurde. Beide Gränicher freuten sich nun auf den Festredner Martin Hitz.
Oberst Martin Hitz ist Leiter der Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz beim Kanton Aargau. Bei der Anfrage durch Ulrich Price, eine 1.-August-Rede zu halten, habe er spontan zugesagt. «Wir haben eine unsichere Zeit», führte Martin Hitz ins Hauptthema seiner Rede ein, er wollte den Fokus aber nicht nur auf die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten richten. «Die anderen Konflikte in Afrika und in Mittel- und Süd-Amerika und in Asien sind zwar nicht in der Presse, aber ebenso aktuell.» Es stelle sich für ihn deshalb die Frage, ob die Schweizer Armee und der Bevölkerungsschutz auf diese unsicheren Zeiten gut vorbereitet sind – «Diese Frage müsste ich eigentlich mit Nein beantworten», erklärte Hitz. Er wies auf die teilweise veralteten Waffensysteme und Fahrzeuge hin, die der Armee zudem in zu geringer Zahl zur Verfügung stünden. «Einzig im Bereich Cyber haben wir unsere Aufgaben einigermassen gemacht.»
Hitz nutzte die Gelegenheit der Ansprache , um auch auf das fehlende Personal im Zivilschutz hinzuweisen. 3000 Personen würden für den Solbestand von 72 000 fehlen: «Es wird gerechnet, dass wir 2030 noch etwa 50’000 Angehörige des Zivilschutzes haben.» Es bestehe deshalb Handlungsbedarf, insbesondere bei der «fehlenden Rollenklärung in Konfliktsituationen zwischen den verschiedenen Organisationen wie Armee, Zivilschutz, Polizei und zivilen Behörden» – die aber derzeit auf keiner politischen Agenda erscheine. «Verzögern und abwarten sind für mich keine Lösung. Zumal die europäischen Staaten massiv Mittel in ihre Sicherheit investieren und wir in der Schweiz noch immer unseren Weg suchen.»
Hitz hielt aber auch fest, dass Sicherheit und Heimat für ihn eng miteinander verbunden seien und er freue sich, dass Werte in der Schweiz hochgehalten werden: «Ich schätze es, dass wir uns Grüezi, Grüessech, Ciao oder Saltut sagen. Wir sind pünktlich und korrekt und halten uns an Vereinbarungen.» Auch die funktionierende Miliz-Gesellschaft, in der Menschen ihr Fachwissen, ihre Führungsqualitäten und vor allem ihr Herzblut einbrächten, «sind für mich ein weltweit einmaliges System.» Hitz zählte viele weitere Eckpfeiler der Schweizer Kultur auf, darüber hinaus habe man sich «mit der EM im Frauen-Fussball, dem ESC in Basel und mit der Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock auch international im besten Lichte präsentieren konnten.» Er sei stolz auf seine Heimat, hielt der Oberst zum Schluss fest, und trug den Zuhörenden auf, sich selber Gedanken zu ihrer Heimat zu machen. «Wie auch immer, stehen wir zu unserer Schweiz, tragen Sorge zu dieser unserer Heimat und engagieren wir uns dafür!»
Mit offerierter Wurst mit Brot, die von den fleissigen Helfern sogar an die Tische gebracht wurden, klang der Mittag in der Mehrzweckhalle im gemütlichen Rahmen aus.
Remo Conoci

Bild: Remo Conoci