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Maienzug-Festrede: «Nicht nur ein Volksfest, nicht nur ein Jugendfest und nicht nur ein Fest des Wiedersehens. Sondern alles zusammen»

Kaum ein Maienzug führte im Voraus zu so vielen Diskussionen wie der diesjährige. Neue Umzugsroute, die Morgenfeier im Schachen und das Bankett auf dem Maienzugplatz. In seiner Festrede beim Maienzugbankett hat Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker einige Aspekte Revue passieren lassen.

Liebe Aarauerinnen und Aarauer
Liebe Gäste, liebe Festgemeinde


Es freut mich, dass ich Sie, auch im Namen des Stadtrats, hier auf dem Maienzugplatz zum Maienzug-Bankett 2023 begrüssen darf. Sie werden mit mir übereinstimmen, dass der diesjährige Maienzug in vielerlei Hinsicht aussergewöhnlich ist…

Lassen Sie mich aber mit der Begrüssung unserer Gäste und mit dem Dank an die Organisierenden beginnen:


Besonders begrüssen möchte ich unsere Nationalrätinnen Gabriela Suter, Irène Kälin und Maja Riniker, unseren Landammann Jean-Pierre Gallati und die weiteren Mitglieder der Kantonsregierung mit ihren Partnerinnen, die Mitglieder des Grossen Rates des Kantons Aargau wie auch die Vertreterinnen und Vertreter unserer Nachbargemeinden und der kantonalen Verwaltung, Betriebe und Gerichte.


Ein weiterer besonderer Gruss geht an unsere seit vielen Jahrzehnten mit uns verbundene Partnerstadt Reutlingen. Der Austausch von Schülerinnen- und Schülern, zwischen den Feuerwehren und über Fachthemen läuft seit vielen Jahren intensiv und problemlos; es freut mich deshalb, dass ich Herrn Oberbürgermeister Thomas Keck mit seiner Frau Elke herzlich als Ehrengast des Stadtrats am diesjährigen Maienzug begrüssen darf. Und ich danke natürlich all jenen, die – wie jedes Jahr – zum Gelingen unseres Festes beigetragen haben. Konkret: den Männern und Frauen des Werkhofs für die saubere Stadt, der Polizei für die Gewährleistung der Sicherheit, den Verantwortlichen des Vereins Gastro Altstadt für die reibungslose Durchführung des Vorabends, den Schulen, den Lehrerinnen und Lehrern, den Schulleiterinnen und Schulleitern sowie allen Kindern und Jugendlichen für ihr Engagement, den Musikkorps für die musikalische Begleitung von Umzug und Festplätzen, dem Blumenteam für die wunderschön geschmückten Brunnen und Tore, den Gestalterinnen und Gestaltern des Maienzug-Programms und der Morgenfeier, und natürlich der Maienzugskommission unter Leitung meiner Stadtratskollegin Silvia Dell’Aquila – herzlichen Dank allen.

Der Maienzug ist der wichtigste Tag im Aarauer Kalender und soll ein zusammenführender, fröhlicher Sommerauftakt sein, an dem wir, mitten im Jahr, zurückblicken, unsere Jugend feiern, Freundinnen und Freunde treffen und uns auf die Sommerferien einstellen. Auch in diesem Jahr gibt es vieles, worauf wir in Aarau positiv zurück- und ausblicken können: unsere neue Kettenbrücke ist eröffnet, wichtige Schulprojekte gehen voran, das KSA konnte Aufrichte feiern, im Herosé wurde mit dem Neubau begonnen, unsere Nachbargemeinde Unterentfelden ist an einer Fusion mit Aarau interessiert, mit Testbetrieben in der Markthalle, mit der Entwicklung unserer städtischen Vision für die nächsten zehn Jahre oder mit Kleinprojekten in unseren Quartieren üben wir partizipative Ansätze. Alles positive Entwicklungen, über die wir uns gemeinsam freuen können.

Nun wurde in diesem Frühjahr die lokale Freude durch viele, ungewöhnlich heftige Diskussionen zum Maienzug überlagert. Diverse Neuerungen sind akribisch beobachtet und gewürdigt worden. Lassen Sie mich deshalb heute einige Aspekte Revue passieren, die uns als Stadtrat in diesem Zusammenhang beschäftigt haben, negativ und positiv. Zuerst zu drei eher negativen oder schwierigen Punkten: .

Zuallererst war uns im Stadtrat natürlich bewusst, dass Änderungen am Maienzug immer direkt und emotional kommentiert werden. Das war in der Vergangenheit so und das wird auch so bleiben, gerade weil dieses Fest (fast) allen sehr wichtig ist. Ziel des Stadtrats ist und bleibt es, den Maienzug zeitgemäss weiterzuentwickeln, in diesem Jahr durchaus mit wesentlichen Anpassungen, bei der Morgenfeier, mit einer neuen Umzugsroute oder beim
Bankett auf dem Maienzugplatz. Zwar sind alle gewählten Optionen auch schon früher diskutiert worden, ganz offensichtlich hat die Information zu diesen Änderungen aber nicht vollständig überzeugt, vermutlich auch weil Meinungsverschiedenheiten innerhalb und zwischen Stadtrat und Kommission geortet wurden. Das war nicht optimal.

Trotzdem hat mich zweitens die Heftigkeit und der Tonfall der Kritik gestört. Ganz einfach, weil ich auch beim Maienzug erwarte, dass Neuerungen zugelassen werden, dass sie sachlich und ruhig geprüft werden können und dass die Diskussionen darüber mit Anstand und in gegenseitigem Respekt geführt werden. Das war in den letzten Wochen leider nicht immer der Fall. Neben einigermassen einfachen Kommentaren und Aufrufen – wie dem Boykottaufruf des Banketts, der offensichtlich nicht befolgt wurde – ist mir aber klar geworden, dass viele Kritisierende nichts weniger befürchten als den Verlust von eigenen wichtigen Erinnerungen und von der Möglichkeit, vergleichbare Erlebnisse mit ihren Familien zu teilen und weiterzugeben. Allenfalls sind wir mit dieser wichtigen Funktion einer gelebten Traditionen zu wenig bewusst umgegangen.

Drittens hat uns schliesslich natürlich lange die Wetterperspektive beschäftigt, denn: Grundvoraussetzung für die Prüfung all unserer Programmänderungen war ein lückenloses Schönwetterprogramm… Stellen Sie sich vor, wir würden heute in der stickigen Sporthalle sitzen… da hätte nichts sinnvoll gewürdigt werden können…

Deshalb jetzt zu drei positiven Aspekten, die uns im Vorfeld des diesjährigen Maienzugs begleitet haben:
Zuallererst natürlich die stabil positiven Wetterprognosen. Nach Jahren der schwierigen Wetterplanung, war in dieser Woche der Freitag fast immer wolkenlos und schön; freuen wir uns darüber, dass wir gestern Abend und heute bei besten Bedingungen einen wunderschönen Maienzug mit all seinen Festelementen geniessen können.

Zweitens hat mich das breite Engagement der Bevölkerung zum Thema Maienzug beeindruckt. Wir haben tatsächlich aus allen Richtungen positive und negative Rückmeldungen erhalten. Ich erinnere mich an Unterstützungen von Schulseite, von Gewerbeseite und von vielen Einzelpersonen; und ich erinnere mich an Kritik aus ebenfalls breiten Kreisen, inkl. einer eingereichten Petition. Der weitaus grösste Teil der Äusserungen war engagiert und korrekt. Eine Bestätigung, welche Bedeutung der Maienzug für unsere Stadt hat und wie
diskursfreudig wir als Gesellschaft geblieben sind.

Drittens bin ich froh, dass wir nach wie vor in der Lage sind, Anpassungen und Änderungen auch an bekannten Abläufen zu wagen. Erst mit der angepassten Umzugsroute, mit der neuen Morgenfeier und mit dem Bankett hier auf dem Mainzugplatz können wir beurteilen, was funktioniert und was nicht. Und genau das werden wir tun. Dass gerade in den letzten Wochen auch die Kommentare in den Medien ausgleichender und verständnisvoller
geworden sind, sowohl für bewahrende wie auch für neuerungswillige Kräfte, zeigt schliesslich die grosse integrative Kraft des Maienzugs; diese Kraft dürfen wir nicht aufs Spiel setzen.

Der Maienzug 2023 läuft auf Hochtouren und er wird in vielerlei Hinsicht in die Geschichte eingehen. Ich kann Ihnen versichern, dass sich der Stadtrat bewusst ist, dass der Maienzug nicht nur ein Volksfest ist, auch nicht nur ein Jugendfest und auch nicht nur ein Fest des Wiedersehens alter Freundinnen und Freunde. Sondern alles zusammen: Ein Volksfest, insbesondere am Vorabend, ein Jugendfest für unsere Jugendlichen am Freitag und gleichzeitig der Anlass, an dem sich alle Heimwehaarauerinnen und –aarauer oder alle, die einmal in Aarau zur Schule gegangen sind, wieder treffen, am Bankett, an familiären Anlässen, am Vorabend oder im Schachen. So soll es auch in Zukunft bleiben.

In diesem Sinne lade ich Sie ein, Ihre eigene Einschätzung zum heutigen Programmablauf persönlich weiterzugeben. – Nehmen Sie sich vielleicht heute noch, oder dann am Wochenende kurz Zeit und melden Sie sich über die Email maienzug@aarau.ch bei uns; mit ihrer Einschätzung, was gut gelaufen ist, was nicht, was Sie als positiv einschätzen und was als negativ. Ihre Meinung, die Meinungen der Teilnehmenden am Bankett, an der Morgenfeier, am Umzug, sind uns wichtig, um eine positive Programmentwicklung sicherstellen zu können.

Nun will ich nicht länger werden. Ich bin froh, dass wir den Maienzug als wichtigstes Aarauer Fest bei schönstem Wetter feiern dürfen. Ich danke noch einmal unseren Ehrengästen, Thomas und Elke Keck, für die gemeinsame Zeit, wünsche allen eine erholsame Sommerzeit, freue mich auf Ihre Rückmeldungen und stosse zum Schluss gerne mit Ihnen allen auf einen wunderschönen Maienzug 2023 an. En schöne Maiezog.

Hanspeter Hilfiker, 7. Juli 2023