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«Mit Freude läuft man definitiv besser»

Selina Furler erscheint mit einem fröhlichen Lachen zum Termin auf der Schulanlage in Gränichen. Gerne blickt sie über die Sportplätze, wo alles angefangen hat. «Als ich sechs Jahre alt war, kam bei mir der Wunsch auf, schnell sein zu wollen», sagt die 19-Jährige. Sie erinnert sich an die vielen Wettkämpfe um die schnellsten Gränicher, die sie oft gewonnen hat. Bald schloss sie sich dem Satus Gränichen an, gewann Aargauer Wettkämpfe und fand sich in einem Umfeld wieder, wo ihr Talent gefördert werden konnte. «Ich verdanke dem Satus Gränichen und meinem Trainer Urs Wälty, heute 75-Jährig, sehr viel. Auch Stephan Neumann vom Aargauischen Leichtathletikverband hilft mir sehr und natürlich meine Mutter Doris, die mich von Anfang an unterstützt hat».

Zahllose Fahrten zu den jeweiligen Trainingsstätten in Aarau, Buchs und Gränichen habe sie mit ihrer Tochter mitgemacht – auch als die Trainings spezifischer wurden und die Reise einmal in der Woche ins nationale Leistungszentrum nach Magglingen ging. Doris Furler war früher selber aktive Leichtathletin in den Disziplinen Weitsprung und Kugelstossen. «Man kann schon sagen, dass mir der Sport in die Wiege gelegt worden ist, ich konnte aber immer selber entscheiden, was ich machen will.» Selina Furler wischt über ihr Handy und zeigt ein Foto, von einem ihrer allerersten Rennen, das sie als kleiner Knirps bestritten hatte. «Sandra Laurincsik vom Satus Gränichen hat mir das gegeben und dazu geschrieben, ich würde auf Sportbildern seit je her immer lachen.»

Wieder strahlt die junge Frau und unterstreicht, dass es ohne Freude an der Sache nicht gehen würde. «Bisher war und ist es immer so, dass ich mich aufs Training freue. Es ist abwechslungsreich und ich spüre die Fortschritte. Am liebsten würde ich jeweils eine Trainingsstunde anhängen.» Und was ihr Lachen auf den Bildern angeht: «Mit Freude läuft man definitiv besser.»

Dreifache Schweizermeisterin
Der Satus Gränichen hat in jüngster Zeit zahlreiche Talente hervorgebracht. Neben Selina Furler tauchen in den Bestenlisten immer wieder die Namen von Kugelstösser Lukas Baroke und Sprinter Alexis Hirsiger auf. Zu reden gab Selina Furler 2020, als sie U18-Doppelschweizermeisterin über 60 und 200 Meter geworden ist. Ein Jahr später holte sie an der U20-SM in Nottwil Gold über ihre Lieblingsdistanz von 200 Metern und Bronze über 100 Meter. Auch in der Staffel und in anderen Sprintdisziplinen gehört sie zu den Schnellsten. Unter anderem brach sie den 38 Jahre alten nationalen Satus-Rekord über 100 Meter.

Selina kennt aber auch ihre Schwächen: «Ich bin nicht die beste Starterin und bin froh, wenn es nach dem Loslaufen noch ein bisschen Strecke hat, auf der ich aufholen kann.»

Vorerst denkt sie noch nicht an die Elite, denn sie stecke voll in der Entwicklung. «An die U20-WM nach Cali darf ich ohne Leistungsdruck gehen», sagt Selina zum Erwartungsdruck. Die Gränicherin ist jedoch in Form: ihre persönlichen Bestleistungen über 100m (11,64 Sekunden) und 200m (24,03 Sek.) sind noch keine zwei Monate alt, die jeweiligen WM-Limiten hat sie locker unterboten. Allerdings wird sie in Kolumbien nicht die Distanz über 100 Meter laufen, sondern über 200 Meter und bei der 4x100m-Staffel dabei sein.

«Wenn ich unter den jeweils rund 70 Teilnehmerinnen die ersten Vorläufe überstehe, bin ich auf dem richtigen Weg. Aber klar, natürlich laufe ich nicht nur zum Spass mit. Ich will das Beste aus mir heraus holen, da bin ich schon sehr ehrgeizig.»

Zukunft ist noch ungewiss
In zwei Jahren schliesst die Gränicherin die Kanti ab, spätestens dann wird sich entscheiden, ob sie studieren will («Biologie interessiert mich sehr») und ob die Leistungsdaten sogar für eine Elite-Karriere reichen. «Dann schauen wir weiter und vielleicht kann ich ja die Sport-RS machen.» Festgeschrieben sei ihre Zukunft noch nicht.

Reich wird man mit der Leichtathletik bekanntlich selten, um so mehr ist Selina Furler stolz darauf, mit Stephan Wehrli, ortsansässiger Inhaber einer Beratungsfirma, einen Sponsor gefunden zu haben. «Dazu kommen die Angebote des ALV und von Swiss Athletics, ich werde wirklich unglaublich toll unterstützt», freut sich die junge Athletin. Die Reisekosten nach Kolumbien an die WM übernimmt denn auch der nationale Verband. Unter den Zuschauern im 46’000 Menschen fassenden Estadio Olímpico Pascual Guerrero werden sich auch Selinas Eltern Doris Furler und Urs Sutter befinden. «Ja, sie haben schon lange gebucht», strahlt die Gränicherin, die noch nie so weit an einen Sportanlass gereist ist. Das Erlebnis, und mit dem Drum und Dran einer Grossveranstaltung umzugehen, gehöre denn auch zu den wichtigsten Erfahrungen, die an einer U20-WM gesammelt werden müssen, ist Selina überzeugt – und dann strahlt sie wieder, denn auf dieses Erlebnis werde sie noch lange zurückblicken. So, wie sie heute über den Gränicher Sportplatz schaut, wo vor 13 Jahren alles angefangen hat.