Vier Ziörjen auf der Bühne – kreativ, humorvoll und manchmal durchgeknallt
Nicht nur der Name ist bei den Ziörjens eigenwillig – das Geschlecht stammt übrigens aus Zweisimmen und der Name bedeutet Sohn des Jöri -, wenn die vier zum Interviewtermin zusammensitzen, dann fliegen witzige Einschübe, Hinweise auf gemeinsame Episoden und freche Sprüche hin und her. Dass Vater Markus, 60-jährig und Schreiner von Beruf, in diesem verbalen Schlagabtausch am wenigsten zum Zuge kommt, entspricht offenbar der üblichen Ordnung. «Manchmal muss ich mich schon durchboxen, damit ich wahrgenommen werde», bestätigt er lachend. In der Rolle des stillen, jedoch amüsierten Geniessers fühlt er sich sichtlich wohl – so erstaunt es nicht, dass er nicht zum Theaterensemble gehört, sondern zum dritten Mal nach 2019 und 2020 als Bühnenchef schaut, dass bei den Szenenwechseln die verschiedenen Teile des Bühnenbildes am richtigen Ort zu stehen kommen.
Anders seine Frau Irène, die die Theaterleidenschaft in die Beziehung und dann in die Familie gebracht hat. Sie bestreitet in der TGO ihre 40. Saison, aktuell in der Doppelfunktion als Spielerin und Ansprechperson im gegenwärtig präsidentenlosen Vorstand. Die 56-jährige Arztsekretärin hat die ganze Familie ins Theater gebracht – dass nun mit Ausnahme von Tochter Livia alle engagiert sind, ist jedoch eher ungewöhnlich. «Als die Kinder klein waren, habe ich zu ihnen geschaut, während Irène im Theater war», blickt Markus zurück. Später wirkten sie an den Freilichtspielen in Windisch als ganze Familie mit, erst im Januar 2020 beim Stück «So en Zirkus» und nun bei «De dopplet Walther» stehen drei gemeinsam auf der Bühne der TGO.
Für die 29-jährige Daria gehört die Theatersaison im Januar mit wenigen Ausnahmen seit 15 Jahren zum normalen Jahresverlauf. «Ich kenne kein Januarloch. Man befindet sich in einer Blase, ist in dieser Zeit stets in einem Hoch», spricht sie aus, was die andern unisono bestätigen. Nur was nach der Derniere komme, der Wechsel zurück in die Normalität, so Markus, das sei dann jeweils weniger lustig …
Lustig ist für eine Beschreibung der Familie Ziörjen ein passendes Stichwort. «Unser Familienleben funktioniert, wir haben es immer lustig zusammen», sagt Markus. Wir sind alle ähnliche Typen, sind sehr kreativ, aber auch emotional.» «Bei uns ist der Humor sehr wichtig. Und wir setzen gerne aussergewöhnliche, manchmal dumme Ideen um», meint Irène. «Wenn wir zusammen unterwegs sind, halten uns andere manchmal für durchgeknallt», fügt Daria an. Und Sohn Jannis bringt es mit einfachen Worten auf den Punkt: «Wir sind für jeden Scheiss zu haben!»
Wobei das unschöne Wort durchaus positiv gemeint ist, wie der 23-jährige Metallbauer anhand der aktuellen Theaterproduktion selber beweist. Zwar brauchte es etwas Überredungskunst, bis er sich von der Idee von Autor und Regisseur Nicolas Russi und zur Übernahme einer Hauptrolle überreden liess. Russi hat das Stück den beiden jungen Ziörjen buchstäblich auf den Leib geschrieben, wie auch den anderen zehn Spielerinnen und Spielern, die zusammen das dörfliche, berufliche, festliche und private Leben von Oberentfelden im Jahre 1965 mit viel Witz und überraschenden Wendungen darstellen.
Doch zurück zu den Ziörjens. Worin liegt der Reiz, jedes Jahr rund fünf Monate der Freizeit primär diesem zeitaufwendigen und fordernden Hobby zu widmen? «In andere Rollen schlüpfen, sich das Denken eines anderen Menschen aneignen», nennt Irène einen Aspekt. «Andere Wesenszüge ausleben, sich mal so verhalten zu dürfen wie man es im richtigen Leben nicht darf. Und dann geniessen, wenn es beim Publikum ankommt», erläutert Daria, die in der öffentlichen Verwaltung vor allem mit Zahlen arbeitet, weitere Beweggründe. Für die beiden Routiniers ist die Zeit vor den Aufführungen jedoch mindestens so wichtig, zumal es eine grosse Abwechslung zum Berufsalltag ist. «Das Vereinsleben ist cool, und mir gefällt der Prozess, den wir von der Leseprobe bis zu den Vorstellungen durchleben», betont Daria. «Es ist sehr bereichernd. Und speziell ist, dass man in einem Team arbeitet, das alle Altersstufen von 16 bis 85 Jahren umfasst», ergänzt Irène.
Ab dem 4. Januar kann das Publikum an elf Vorstellungen das Resultat von über 40 Probeterminen geniessen und sich in jenes Jahr zurückführen lassen, als die beiden Entfelden zusammen das 1000-Jahr-Jubiläum feierten. Als es noch eine handbediente Bahnschranke gab, Lädeli, Gastarbeiterinnen in der Bürsti, eine Kleiderbügelfabrik, etc. etc. … Mittlerweile hat sich das Ensemble so gut in die damalige Zeit und in das Stück eingelebt, dass das eine oder andere Zitat aus dem Theatertext bereits im Alltag Verwendung findet. Oder wie Daria und Jannis Ziörjen gestehen: «Wir nennen uns inzwischen mit jenen Übernamen, die wir im Stück haben …» Dass sie dies mit einem breiten Lachen tun, ist für Ziörjens nichts als normal!
Wer gerne ebenfalls zur Theaterfamilie der TGO gehören möchte – ob auf oder hinter der Bühne – darf sich gerne bei info@theateroberentfelden.ch melden. NRB
Infos zu den Vorstellungen und Vorverkauf auf www.theateroberentfelden.ch
Die Vorstellungsdaten
Samstag, 4. Januar 2025 17.00 Uhr
Sonntag, 5. Januar 2025 14.30 Uhr
Freitag, 10. Januar 2025 20.00 Uhr
Samstag, 11. Januar 2025 20.00 Uhr
Sonntag, 12. Januar 2025 14.30 Uhr
Freitag, 17. Januar 2025 20.00 Uhr
Samstag, 18. Januar 2025 20.00 Uhr
Sonntag, 19. Januar 2025 14.30 Uhr
Donnerstag, 23. Januar 2025 20.00 Uhr
Freitag, 24. Januar 2025 20.00 Uhr
Samstag, 25. Januar 2025 20.00 Uhr