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Yvette Körber: «Oberentfelden hat bei der Menge an Themen gerade keine Zeit zum Flirten»

Seit bald einem halben Jahr ist Yvette Körber (SVP) nun Frau Gemeindeammann von Oberentfelden. Im Gespräch mit dem «Landanzeiger» spricht sie über «Bauchwehtermine», das geplante Grossprojekt der WSB und die angespannte finanzielle Situation der Gemeinde. Sie verrät aber auch, wo und wie sie sich am besten entspannt, welches Talent sie gerne noch etwas ausgeprägter hätte und was sie sich von der «guten Fee» wünscht. 

Yvette Körber, wie haben Sie die ersten Monate als Frau Gemeindeammann erlebt?

Yvette Körber: Die Anfangszeit war sehr spannend und gleichzeitig herausfordernd. Dabei war die Zusammenarbeit im Gemeinderatskollegium, der Verwaltung und der Bevölkerung ausgesprochen angenehm und konstruktiv.

Welche Aufgabe als Frau Gemeindeammann haben sie am meisten unterschätzt?

Da ich durch meine vorherige Tätigkeit im Gemeinderat sowohl mit dem Arbeitsaufwand als auch mit den Inhalten gut vertraut war, konnte ich gut einschätzen, was mich in meiner neuen Rolle erwartet.

Und welche Aufgabe entpuppte sich als einfacher als erwartet?

Es ist schwierig, das zu sagen, da wir zurzeit eher komplexe Themen zu bewältigen haben. Bisher gab es keine unerwartet «einfachen» Lösungen, aber ich nehme an das kommt noch (lacht).

Wenn Sie in Ihre Gemeindeammann-Agenda 2024 blicken, welches ist ihr Lieblingstermin?

Am meisten freue ich mich auf die Gemeinderatssitzungen. Sie bieten immer wieder spannende Diskussionen zu verschiedensten Themen und spiegeln gut wider, was aktuell in unserem Dorf geschieht.

Gibt es auf der anderen Seite einen «Bauchwehtermin»?

Es sind weniger spezifische Termine, die mir Sorgen bereiten, als vielmehr die Summe der Themen. Im Vordergrund stehen aber sicher die anstehenden grossen Projekte in unserem Dorf und die hohen Strompreise. Zum Glück haben wir jetzt Strategien entwickelt, wie wir diese Probleme angehen.

Was wollen Sie in Ihrer Amtszeit unbedingt erreichen?

Mein erstes grosses Ziel war es, eine Lösung für die hohen Strompreise zu finden, die sowohl private Haushalte als auch das Gewerbe stark belasten. Es war mir sehr wichtig, dieses Problem so schnell wie möglich zu entschärfen, was uns auch gelungen ist. Als nächstes wollen wir uns um unsere Finanzen kümmern, die momentan nicht ausgeglichen sind. Hier sind wir alle gefordert – vom Gemeinderat über die Verwaltung bis hin zur Bevölkerung.

Im September 2022 präsentierte Aargau Verkehr das Projekt «Entflechtung Oberentfelden» für WSB und SBB. Wie stehen Sie zu diesem Projekt?

Persönliche Ansichten zu einem Grossprojekt sind weniger entscheidend. Wichtig ist, dass die Interessen von Oberentfelden optimal vertreten werden. Technisch gesehen stellt die Kreuzung von SBB und WSB ein Problem dar, und es muss eine Lösung her. Aufgrund der Machbarkeitsanalyse wird die Tieferlegung der AVA und der AVA-Haltestelle weiterverfolgt. Allerdings wird damit die Verkehrssituation noch nicht entspannt. Es bleibt unsere Aufgabe, im Rahmen der laufenden Gross-Projekte die Verkehrssituation im Dorf zu entschärfen.

Es ist still geworden rund um dieses Projekt. Was ist der aktuelle Stand?

Das Gegenteil ist der Fall. An dem Projekt wird intensiv weitergearbeitet, und auch die Gemeinde ist stark involviert und engagiert sich sehr. Wir sind kontinuierlich dabei, die Planungen voranzutreiben und sicherzustellen, dass das Projekt den Bedürfnissen unserer Gemeinde entspricht.

«Die AVA rechnet mit einem Baubeginn des WSB-Projekts «Entflechtung Oberentfelden» im Jahre 2026.»

Wann rechnen Sie mit einem realistischen Baubeginn?

Die AVA rechnet mit einem Baubeginn im Jahre 2026.

Unterentfelden flirtet relativ deutlich mit Aarau. Bei welchen Themen flirtet Oberentfelden aktuell mit benachbarten Gemeinden?

Flirten? Oberentfelden ist gerade sehr beschäftigt, ein guter und stabiler Nachbar zu sein. Bei der Menge an Themen haben wir gerade keine Zeit zum Flirten (lacht).

Oberentfelden und Unterentfelden, wie ist der aktuelle Beziehungsstatus?

Trotz unterschiedlicher Ansichten in manchen Bereichen, arbeiten wir stets lösungsorientiert und mit dem gemeinsamen Ziel, das Beste für beide Gemeinden zu erreichen.

Welche Auswirkungen hätte eine Fusion von Unterentfelden und Aarau für Ihre Gemeinde?

Am stärksten sind sicher die Kreisschule und das gemeinsame Frei- und Hallenbad betroffen. Wir planen proaktiv, um sicherzustellen, dass wir für alle Eventualitäten gerüstet sind.

Im Oktober fand ein Tag der offenen Tür in der Engelscheune statt. Ideen für die Nutzung wurden gesucht. Wie sieht dort der aktuelle Stand aus?

Die eingegangenen Ideen sind ausgewertet und der Gemeinderat hat sie zusammen mit der Verwaltung sorgfältig bewertet. Es laufen bereits konkrete Gespräche mit engagierten Dorfbewohnern, die Interesse gezeigt haben, Veranstaltungen zu organisieren. Die Details dazu werden wir in der kommenden Einwohnergemeindeversammlung am 14. Mai präsentieren.

In Oberentfelden stehen mehrere Grossbauprojekte an. Wo fahren als nächstes die Bagger auf?

Aktuell steht der Startschuss für das Grossprojekt beim ehemaligen Tenniscenter unmittelbar bevor. Dort entstehen über 200 neue Wohnungen. Seitens Gemeinde werden vorbereitend auch noch die Erschliessungsarbeiten stattfinden.

Wo drückt in Oberentfelden momentan der Schuh am meisten?

Unsere grösste Herausforderung sind zurzeit die Finanzen. Wir arbeiten intensiv daran, Lösungen zu finden, um unsere Gemeindefinanzen zu stabilisieren und langfristig auf gesunde Beine zu stellen.

Was können Sie als Frau Gemeindeammann dagegen tun?

Als Gemeindeammann ist es meine Aufgabe, Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam mit allen Beteiligten effektive Massnahmen zu entwickeln. Wir müssen innovative Wege finden, um Kosten zu senken und gleichzeitig unsere Einnahmen zu steigern, etwa durch eine intelligentere Verwaltung unserer Immobilien. Unser Ziel ist es, einen gesunden Mix aus langfristiger Stabilität und mittelfristig umsetzbaren Lösungen zu schaffen.

Sie haben im Interview mit der «AZ» die Idee einer Kinder-Einwohnergemeindeversammlung aufs Tapet gebracht. Wann findet die erste Versammlung statt?

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Einwohnergemeindeversammlung für unsere Bürgerinnen und Bürger attraktiver zu machen. Schon für die kommende Versammlung im Mai haben wir auf Basis des Bürgerfeedbacks Verbesserungen vorgenommen. Wir haben unsere Kurzbotschaft modernisiert, die Termine der Kurzbotschaft sowie der ausführlichen Botschaft und der Information der Parteien und Gruppierungen optimiert, die technische Ausstattung für die Versammlungen auf den neuesten Stand gebracht und noch einiges mehr. Was die Kinder-Einwohnergemeindeversammlung angeht, so sehe ich das als einen wichtigen Schritt, um Jugendliche frühzeitig in den politischen Prozess zu integrieren. Die Zusammenarbeit mit der Kreisschule Entfelden ist hierfür ein zentraler Baustein. Allerdings wird dies erst in einer zweiten Phase angegangen.

«Zur Entspannung lese ich leidenschaftlich gern Sachbücher und zeichne und aquarelliere.» 

Verlassen wir die Politik: Wo erholt sich Yvette Körber am besten von der (Polit)-Arbeit?

Am besten finde ich Ruhe und Erholung, wenn ich mich ganz meinen persönlichen Interessen widmen kann. Ich lese leidenschaftlich gern Sachbücher und pflege ein grosse Bibliothek. Zudem finde ich Entspannung im Zeichnen und Aquarellieren, was nicht nur ein kreatives Ventil ist, sondern auch hilft, meine Beobachtungsgabe zu schärfen. Um den Kopf vollends freizubekommen, ist Sport ein wichtiger Ausgleich für mich.

Was muss ein Gast in Oberentfelden unbedingt gesehen haben?

Oberentfelden hat vieles zu bieten. Jeder Besucher sollte sich die Zeit nehmen, an der Uerke entlang zu spazieren und die Natur zu geniessen. Unser Golfplatz ist ebenfalls ein Highlight. Kulturell Interessierte werden die Open Bürsti lieben, wo im Frühjahr lokale Künstler ihre Werke präsentieren. Sportfans sollten sich ein Spiel des FC Entfelden nicht entgehen lassen und für Theaterliebhaber ist eine Aufführung unserer Theatergesellschaft ein Muss. Oberentfelden hat wahrlich für jeden etwas zu bieten! Diese Aufzählung ist nur ein Auszug dessen, was unsere Gemeinde zu bieten hat, und steht stellvertretend für all das, was ich jetzt vielleicht vergessen habe (lacht).

Von welchem Talent hätten Sie gerne mehr?

Ich bin dankbar, dass meine Talente gut zu meinen beruflichen Anforderungen passen. Natürlich gibt es immer Raum für Wachstum. Mehr Geduld könnte manchmal hilfreich sein – insbesondere in der Welt der Politik, wo Prozesse ihre Zeit brauchen.

«Meine besten Ideen besuchen mich oft in den stillen Stunden zwischen 2 und 4 Uhr morgens.»

Wo kommen Ihnen die besten Ideen?

Die Auseinandersetzung mit dem kreativen Prozess ist ein fester Bestandteil meines Lebens. Ich kenne meine Arbeitsweise genau und weiss, wie ich meine Fähigkeiten gezielt einsetzen kann. Leider ist es bei mir nicht wie bei vielen anderen «unter der Dusche». Meine besten Ideen besuchen mich oft in den stillen Stunden zwischen 2 und 4 Uhr morgens – eine Zeit, für die ich immer vorbereitet bin.

Was wünscht sich die Frau Gemeindeammann für Oberentfelden von der guten Fee?

Mein Wunsch ist recht pragmatisch: Ein ausgeglichener Finanzhaushalt mit geringen Schulden wäre ein Traum. Damit würden viele unserer Herausforderungen zum einfachen Tagesgeschäft, und wir könnten uns noch stärker auf die Entwicklung und das Wohl unserer Gemeinde konzentrieren.
Interview: Raphael Nadler

Persönlich

Yvette Körber

Alter: 51 Jahre

Aufgewachsen in: Zürich

In Oberentfelden seit: 1998

Erlernter Beruf: Dipl. Betriebsökonomin FH

Heutiger Beruf: Unternehmerin

Zivilstand: ledig

Partei: SVP

Im Gemeinderat seit: 2022

Frau Gemeindeammann seit: 31.10.2023

Das mag sie: Füllfederhalter – die zwingen mich präsent im Moment zu sein.

Das mag sie weniger: Kugelschreiber – ich schreibe damit viel «schludriger»