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Wenn aus einem Jahr fast vierzig werden

Nur durch einen Zufall kam die Lehrerin Margrith «Mägi» Müller vor 39 Jahren nach Holziken. Dass dieser Zufall ihr Glückslos werden soll, ahnte sie damals noch nicht.

Margrith Joos, wie Mägi Müller damals noch hiess, ist zusammen mit einer Schwester und zwei Brüdern in Cazis am Fusse des Heinzenberges im Bündnerland aufgewachsen. Als junge Frau träumte sie davon, dereinst als Kinderkrankenpflegerin ihren Lebensunterhalt verdienen zu können. Ihre Lehrpersonen fanden allerdings, dass sie sicher eine gute Lehrerin werden würde. «I han mi dänn eigentlich derzua überreda lo», sagte sie lachend und in ihrem noch immer vorhandenen Bündnerdialekt.

Im Sommer 1981, Margrith Joss hatte gerade eben das Lehrerseminar in Chur erfolgreich abgeschlossen, war es gar nicht so einfach, einen Job zu finden. Der Zufall wollte es, dass im Aargau die Ausbildungszeit zum Lehrer damals von vier auf sechs Jahre angehoben wurde. «Dies war mein Glück, durch dies gab es viele Stellenangebote im Aargau», blickt Mägi Müller zurück.

«Dr Papa hät miar ds Auto ge»
Nach vielen Bewerbungen und Absagen hatte Mägi Müller das Glück, dass sich eine ihrer Kolleginnen für Reitnau entschieden hatte und somit eine ausgeschriebene Stelle in Holziken noch frei war. Jetzt musste es schnell gehen. Es war ein Donnerstag, als Mägi Müller ganz aufgeregt nach Hause ging, ihren Eltern über Mittag von der Stelle in Holziken berichtete und sofort eine Bewerbung schrieb. Um das Ganze noch zu beschleunigen, lieh Vater Joos der jungen Margrith das Auto aus, damit sie die Bewerbung noch zur Post nach Chur bringen konnte. Schon am Freitag klingelte das Telefon. «Silvia Anker hat mich angerufen und mir mitgeteilt, dass ich mich am Samstag vorstellen kann und bereits am Montag kam die Zusage.»

Sie wollte nur ein Jahr bleiben
Mit der Entscheidung die Stelle in Holziken anzutreten, hatte die junge Lehrerin wie sie selber sagt, im wahrsten Sinne des Wortes ihr Glückslos gezogen. Schnell war die sympathische Bündnerin von der Bevölkerung akzeptiert und geachtet. «Anfänglich verstanden mich die Kinder nicht immer. Mein Dialekt war für sie eine Fremdsprache. Auch ich verstand viele Wörter im Aargauer-Dialekt nicht. So gab es viele lustige Momente im Unterricht, über welche ich mit meinen ersten Schülerinnen und Schülern heute noch lache.»

Das familiäre Klima in der Schule und die Unterstützung von allen, welche im Dorf mit der Schule zusammenarbeiten, habe sie immer sehr geschätzt. So verlängerte sich dieses eine Jahr auf fast 40 Jahre! Mägi Müller sagte auch, dass sie in dieser langen Zeit liebe, anständige und lernwillige Kinder unterrichten durfte. In den 39 Jahren, welche Mägi Müller Schule gab, dürften es hochgerechnet gegen 600 Kinder gewesen sein, die sie ins Leben begleitete. Dies notabene zweimal in einem nagelneuen Schulhaus. «Früher gab ich ihnen Unterricht, heute sind sie meine Nachbarn», fasst Mägi Müller ihre Schulzeit zusammen. Die meisten ihrer Schülerinnen und Schüler sind heute selber Eltern und ihre Kinder auch schon wieder bei ihr in der Schule.

Zum Schluss noch etwas Neues
Dann kam Covid-19. «Ich hätte ja im Leben nie gedacht, dass ich zum Schluss meiner Tätikeit mit dem Fernunterricht noch etwas ganz Neues lernen muss», sagt die Bündnerin. Aber auch dies hat Mägi Müller geschafft und nun schaut sie voller Vorfreude in ihre Zukunft. Neben all dem Glück, das sie in der Gemeinde und in ihrem Beruf erleben durfte, fand sie mit Alfred Müller auch ihr privates Glück im Dorf. «Nach einer schönen und unvergesslichen Unterrichtszeit möchte ich mit meinem Mann weiterhin das Leben geniessen und ihn bei seinen gesundheitlichen Problemen unterstützen. Zwischendurch im Bündnerland, hauptsächlich aber in unserem Zuhause in Holziken, wo ich mein Glückslos fand.»